Szene von vor einigen Tagen: Meine Frau und ich sitzen im China-Imbiss. Erst hole ich mein HTC Desire aus der Hosentasche. Dann sie. Und dann dann der Typ, der hinter uns sitzt. 100% Desire-Präsenz beim Chinamann. Man kommt ins Gespräch und am Ende steht der Konsens: Alle drei Personen sind mit dem Smartphone mehr als zufrieden.
Auch abgesehen von dieser Situation vergeht kaum eine Woche, in der sich in Bus oder Bahn nicht irgendeine Person auftut, die ein HTC Desire in der Hand hält. Und selbst hier unter den Blogfreunden grassiert das Desire-Virus: So sind Druzil und FranX seit einigen Monaten zufriedene Besitzer des Minirechners in Hosentaschenformat, mit dem sich zufälligerweise auch noch telefonieren lässt.
Was diesen Zustand so besonders macht, ist nicht unbedingt die Tatsache, dass es sich um Android-Smartphones handelt. Nein, denn dass sich die Androiden in den nächsten Jahren zum Smartphone-Marktführer aufschwingen werden, ist untern Kennern bereits beschlossene Sache.
Vielmehr verwundert die Häufigkeit, in der man ausgerechnet auf dieses spezielle Android-Modell trifft. Schließlich haben wir es nicht mit einem iPhone zu tun, das von ausschließlich einem Hersteller produziert wird. Androiden gibt es wie Sand am Meer. Also warum dann ausgerechnet das Desire? Ich schätze, dass das HTC-Gerät, neben dem Samsung Galaxy S, das sich ebenfalls ausgezeichnet verkauft hat, einfach das beste Gesamtpaket zum optimalen Preis/Leistungsverhältnis (derzeit liegt das Gerät bei ~370 Euro) bietet. Und das muss sich rumgesprochen haben. Nicht umsonst besitzt HTC rund 50% des Android-Markts, und das dürfte zum großen Teil dem Desire geschuldet sein.
Dass HTC auch zukünftig keinesfalls auf das populäre Modell verzichten will, zeigt sich bereits in den zahlreichen Desire-Varianten: Wurde erst vor wenigen Monaten das Desire HD (mit etwas größerem Display) veröffentlicht, stehen die Zeichen bereits auf Desire S, das voraussichtlich im April in den Läden steht.
Passend zu dieser Thematik veröffentlichte ich kürzlich bei PadLive einen Erfahrungsbericht zu acht Monaten HTC Desire, dass die Stärken, aber auch die Schwächen des Geräts aus meiner Sicht aufdeckt. Und dieses möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten.
HTC Desire und Android
Android ist mittlerweile auf dem besten Wege, sich zum meistbenutzte mobilen Betriebssystem der Welt aufzuschwingen. Allein das vergangene vierte Quartal 2010 zeigt diese Entwicklung sehr gut: Erstmalig wurden mehr Android-, als Nokia-Geräte verkauft. Im Vergleich zum vierten Quartal des Vorjahres haben sich die Verkäufe der Smartphones auf Android-Basis um 600% gesteigert. Und ein Ende des Trends ist nicht in Sicht, steht doch Android 3.0 in den Startlöchern und damit die breite Unterstützung für Tablet-Geräte.
Im Juni letzten Jahres verfasste ich ein Videoreview zum Thema HTC Desire, einem Smartphone auf Android-Basis, das mir seither sehr ans Herz gewachsen ist. Ich hatte damals die Wahl, ob ich mir ein iPhone zulege oder lieber zu einer Alternative greife. Und da kam mir das HTC-Gerät sehr recht, hatte es doch in vielen Tests sehr gut abgeschnitten und wurde von sehr vielen Usern über den grünen Klee gelobt. Nach einem kurzen Test im Telekom-Shop war dann die Entscheidung gefallen: Das Teil musste her. Und der Clou dabei: Unterm Strich bezahlte ich damals gerade mal 370 Euro, was im Vergleich zu den Preisen, die das iPhone 4 kurz nach Release gekostet hätte, geradezu ein Schnäppchen war.
8 Monate später
Mittlerweile sind 8 Monate vergangen, in denen das HTC Desire ausgiebig in allen Lebenslagen getestet und gequält wurde. Unterm Strich lässt sich für mich das Folgende festhalten:
Ausstattung und Verarbeitung:
Ich bin von der Verarbeitung des Gerätes immer noch sehr angetan. Es wirkt natürlich nicht so stylisch wie das des iPhone 4, hat aber dafür auch keine Empfangsprobleme ;) und punktet mit einem seriösen Aussehen. Der Rückdeckel lässt sich öffnen, um Akku und Micro-SD-Karte auszutauschen – meine 16 GB habe ich bislang übrigens noch nicht vollbekommen. Ein echtes Problem ist allerdings die Akkulaufzeit: Lässt man den HSDPA-Empfang den ganzen Tag laufen, ist über Nacht Aufladen angesagt, sonst lässt sich das Gerät am nächsten Tag nicht benutzen.
Das Display überzeugt weiterhin mit hoher Auflösung und tollen Farben. Mittlerweile lässt sich aber sagen, dass das Spiegeln des Displays bei Sonneneinstrahlung ein echtes Problem ist. Bei den aktuellen Wintertagen ist das alles kein Thema, aber sobald sich draußen wieder die ersten Sonnenstrahlen zeigen, mutiert das Display zum Such- und Findspiel. Hier wünsche ich mir für kommende Smartphone-Generationen eine Lösung des Problems. Inzwischen wird aufgrund von Lieferproblemen mit AMOLEDs in den Desire-Modellen ein Super-LCD verbaut, das nicht mehr ganz so knackige Farben zeigt, aber dafür einen Tacken besser mit der Sonne zurechtkommt. Unterm Strich ist die Situation aber verbesserungswürdig.
Das Gerät selbst kommt bekanntlich mit 1 GHZ-Prozessor und 512 MB Ram daher. Hierzu lässt sich nach all der Zeit sagen, dass erst das Update auf Froyo wirklich dafür sorgte, dass das Gerät sehr flüssig läuft und auch in der Lage ist, Apps auf externe SD-Karte zu verschieben. Vorher beschwerte sich das Smartphone über permanenten Speicherplatz-Mangel.
Was mir speziell am Desire nicht so gut gefällt ist das überaus empfindliche Touch-Display. Beim Schreiben erwische ich oft danebenliegende Buchstaben, die zwar von der Autokorrektur so gut wie möglich ausgebessert werden, aber insgesamt funktioniert das bei meinem uralten iPod Touch ein Stück weit besser – an etwaigen Wurstfingern kann es also nicht liegen. Außerdem hätte HTC gerne einen besseren Lautsprecher verbauen dürfen. Der Jetzige klingt arg blechern.
Funktionsumfang Betriebssystem
Android punktet seit jeher mit einem großen Funktionsumfang und im Vergleich zu iOS recht großzügigem Eingriff in das Innenleben des Betriebssystems. So ist es wie bei einem angeschlossenen USB-Stick problemlos möglich, auf die gespeicherten Dateien des Smartphones zuzugreifen – einem Feature, das ich nicht mehr missen möchte. Darüber hinaus verbessert sich Android mit jedem neuen Update erheblich. So wurde mit 2.2 (Froyo)schon vor einigen Monaten die Möglichkeit eingebaut, WLAN-Hotspots zu eröffnen – eine Option, die iOS-Benutzer wohl erst ab iOS 4.3 und dann auch nur mit dem iPhone 4 nutzen können werden.
Ansonsten orientiert sich die Usability sehr stark am iPhone, wobei mir bei den Android-Geräten, und insbesondere beim Desire, die Tatsache besser gefällt, dass statt einer Home-Taste gleich 4 unterschiedliche Funktionstasten zur Verfügung stehen, um das System zu steuern: Ein Home-, Search- und Menübutton, sowie der sehr nützliche Back-Button, mit dem zum Beispiel bei Internetseiten zurück auf die vorherige Seite gesprungen werden kann.
Ein schönes Feature sind übrigens die Sicherheitshinweise bei Android-App-Installationen, die genau aufzeigen, auf welche Funktionen des Phones das App zugreifen will. Etwas Ähnliches gibt es beim iPhone nicht, auch wenn ich denke, dass Apple hier von vornherein einfach weniger zulässt, um Missbrauch vorzubeugen.
App-Auswahl
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Android Market an Apples App Store vorbeizieht, aber bis es soweit ist, lässt sich dies festhalten: Apple hat einfach die größere Auswahl an Apps. Das macht sich besonders an den Spielen festmachen, hier hat man bei iPhone und Co. mit Abstand die bessere Auswahl. Zwar ziehen Android-Geräte langsam aber sicher nach, aber bis man sich hier auf gleicher Augenhöhe befindet, dauert es noch etwas. Zumindest darf man sich spielemäßig über so erfolgreiche Titel wie Game Dev Story freuen und auch ein Cut the Rope oder Angry Birds hat es mittlerweile auf die Android-Plattform geschafft und Anwendungen wie Tweet Deck wurden sogar zeitgleich veröffentlicht.
Wem es in erster Linie um die Apps geht, sollte deshalb noch beim Apple-System bleiben, aber über kurz oder lang wird sich der Markt am Marktführer orientieren und das ist in einem Jahr vielleicht schon Android.
Fazit:
Würde ich das HTC Desire gegenwärtig nochmal kaufen? Ja, würde ich. Es ist einfach was Preis-/Leistung angeht unschlagbar und wer mit dem Gedanken spielt, günstig und ohne qualitative Abstriche ins Smartphone-Geschäft einzusteigen, kommt an HTC Desire, Samsung Galaxy S und Co. nicht vorbei. Das letzte Quäntchen mehr Qualität und Style, vor allem auch in Bezug auf die Apps, erhält man allerdings nach wie vor bei Apple – aber das in seiner Gänze auch nur beim iPhone 4 und zu einem üppigen Preis. Würde ich mir also nach jetzigem Stand ein iPhone 5 kaufen? Vielleicht. Bis Android nämlich richtig in Fahrt kommt, braucht es noch ein gutes Jahr. Aber dann wird sich die Konkurrenz in Cupertino ganz warm anziehen müssen.