Schon lange auf der Suche nach einem geeigneten Die Siedler- oder Anno-Nachfolger? Grafik im Retrostyle ist genau dein Ding? Dann bist du bei Kingdoms and Castles vielleicht genau richtig: Der Indietitel der Lionshield Studios versucht 8bit-esque Grafikpracht in ein zugängliches, aber trotzdem komplexes Aufbaustrategiespiel zu packen -- und das weiß durchaus für mehrere Stunden zu unterhalten.

Der große Trumpf des Titels ist sicherlich die große Zugänglichkeit: Die Grundmechaniken sind schnell verinnerlicht, die Lernkurve ist relativ flach, auch wenn der Zugriff auf die volle Palette der Gebäude bereits in den ersten 1-2 Spielstunden möglich wird. Der Nachteil sind vor allem die flachen Warenkreisläufe: Wie im ähnlich gelagerten Northgard lassen sich Ressourcen zwar abbauen, aber kaum weiterverarbeiten. Eine Mühle erhöht zwar den Ertrag, macht aber kein Mehl aus Weizen. Eisen lässt sich zwar abbauen, aber zu nichts veredeln. Wen das nicht weiter stört, bekommt schönes, schnelles, zugängliches Siedler-Feeling präsentiert.

Zwei Dinge stören mich allerdings massiv: Der größte Kritikpunkt ist meiner Meinung nach der Kampf, der in Punkto Handhabung wie im Alpha-Stadium wirkt. Größtes Problem ist hierbei, dass sich Gegner kaum ineinander verfangen. Anders ausgedrückt: Läuft eine Wikingerhorde in unser Stadtzentrum und wir schicken unsere Armee entgegen, ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Armeen aneinander vorbeirennen. Generell ist das Feedback zu dem, was da grade im Kampf passiert, ohnehin eher dünn.

Der zweite Kritikpunkt ist dem Umfang geschuldet: Eine wenige Stunden reichen aus, um alles in dem Spiel gesehen zu haben -- sowohl was die möglichen Gebäude angeht, als auch die möglichen Überfälle via Drachen, Wikinger oder Oger. Für den Preis von grade mal 10 Euro ist das aber unter Umständen verschmerzbar -- für mehr Langzeitmotiviation wäre ich allerdings auch bereit gewesen, deutlich mehr für den Titel zu bezahlen.

Wertung: 9/12



Das erste Wort, das mir beim Anspielen des Shmups Drifting Lands durch die Synapsen rauschte, war: Endlich! Endlich hat jemand verstanden, dass das Ausrüsten des Raumschiffs der entscheidende Motivationsfaktor sein kann. Endlich bekommen Shoot 'em ups die Spieltiefe, die ich mir schon lange gewünscht habe. Endlich fliegt man nicht nur des Highscore willens von links nach rechts oder von unten nach oben – sondern auch um die eigene Progression damit zu forcieren.

Kleine Lootorgie
Alkemi, ein bislang eher unbekanntes Entwicklerstudio aus französischen Landen, kam auf die glorreiche Idee, aus einem Shoot 'em Up mehr zu machen, als nur die Jagd nach der nächsten Highscore oder das Auswendiglernen des Leveldesigns: Wir dürfen fast schon wie in einem Action-Rollenspiel während des Abballerns jede Menge Ausrüstungsteile looten – schön auf unterschiedlichen Qualitätsstufen skaliert, wie wir es gewohnt sind. Diese lassen sich dann entweder verkaufen oder im Idealfall an eines der zahlreichen Ausrüstungsslots unseres Raumschiffs befestigen.

Und wer keine Lust mehr auf sein Schiff hat? Jup, das geht: Bis zu drei Typen stehen zur Verfügung, und auch diese sind an Rollenspiel-Klassen angelehnt: Der klassische Tank (Raumschiff hält besonders viel aus), der beliebte Damage Dealer (Raumschiff ballert besonders viel weg) und zu guter Letzt der Allrounder, der sich besonders für Anfänger eignet.

Neben der Lootorgie lässt sich unser Schiff außerdem via Attributspunkte in drei Attributen aufpimpen und jede Menge aktive und passive Skills freischalten, die während der Action Verwendung finden. Ebenfalls außgerwöhnlich: Es gibt eine, für Shoot 'em up-Verhältnisse relativ gut gemachte Story, die zwischen den einzelnen Missionen immer mal wieder vorangetrieben wird.

Das Spiel macht technisch einen sehr guten Eindruck: Tolle Grafik, nette Soundeffekte und Musik. Die Zwischensquenzen sind ordentlich in Szene gesetzt und die Menüs, wie man es bei französischen Entwicklern mittlerweile gewöhnt ist, recht durchgestylt. Also alles toll? Nicht ganz: In einem Punkt kommt das Spiel nicht über das Mittelmaß hinaus und das ist ausgerechnet die Kerndisziplin: Die Action. Auch wenn ich jetzt kein ausgesprochener Bullett-Hell-Freund bin: mir geht auf dem Bildschirm zu wenig ab und das Spiel krankt an meinen Augen an mangelnder Abwechslung. Oftmals haben wir es mit den gleichen Gegnern, gleichen Gegnerformationen und/oder gleichen Hintergründen zu tun.

Gleich zu Beginn startet Drifting Lands etwa mit dem Kardinalsfehler, dass unser Standardbewaffnung nicht das erwartete Shoot 'em up-Dauergeballer-Gefühl vermittelt, sondern nur sporadisch ausgelöst werden kann. Das fühlt sich irgendwie beschränkt und wenig actionreich an. Spätere Bewaffnungen verhalten sich teils besser, aber teils auch ziemlich passiv. Hier fehlt ein gehöriger Schuss Biss. Oder anders ausgedrückt: Was auf dem Bildschirm abgeht, ist einfach einen Ticken zu lahm.

Fazit:
Eigentlich hat Drifting Lands alle Zutaten für ein erfolgreiches Shoot 'em up: Es sieht gut aus, die Bedienung passt, Musik und Sound fetzen und es hat dieses gewisse Etwas, was kein anderes Shmup hat: Den Diablo-liken RPG-Anteil. Aber was hilft’s, wenn die Action auf dem Bildschirm nicht auf dem selben Niveau mitspielt. So haben wir es hier mit einem Vertreter zu tun, der einiges an Potential hat, das leider nicht abgeschöpft wurde -- wahrscheinlich beste Voraussetzungen für einen zweiten Teil.

 Wertung: 9/12



The Long Journey Home -- in diesem Roguelike ist der Name tatsächlich Programm.

Kurz zur Vorgeschichte: Die Menschheit, bereits im Zeitalter der Überlichtgeschwindigkeit angekommen, schickt uns als vierköpfige Crew auf unsere erste Mission: eigentlich ganz trivial sollen wir für einen Frachtauftrag Alpha Centauri anfliegen.

Doch dann geht alles schief: Während des Sprungs erleidet unser Schiff einen Defekt und verbringt uns etliche tausend Parsecs entfernt in einen weit entfernten Quadranten des Universums -- und die lange Reise nach Hause beginnt. Das erinnert den Kenner sogleich an Star Trek: Voyager und hat aufgrund des Szenarios, seiner Zufallsbegegnungen und des Roguelike-Aspekts auch spielerische Vorbilder: Das allseits (und oft zitierte) FTL und das meiner Meinung nach von der Thematik, den Storyelementen und vom Gamedesign her viel nähere OUT THERE.

Minispielsammlung?

Im Kern seines Spiels ist The Long Journey Home eine Sammlung an Minispielchen. Denn egal was wir tun, alles triggert in irgendeiner Form eine Sequenz, die es meist motorisch zu meistern gilt. Beispiele: Um euer Schiff mit Ressourcen zu versorgen (Metall zum Reparieren der Hülle, Gas zum Auffüllen des Treibstoffs) müssen wir Planeten mit unserer mobilen Schiffseinheit anfliegen. Das Ganze spielt sich ähnlich wie der Klassiker Lunar Lander: Unser Minischiff wird per Düsenschub in die richtige Richtung gedreht, beschleunigt und muss rechtzeitig wieder abgebremst werden. Sobald das Gefährt an der passenden Stelle aufgesetzt ist, darf mit dem Abbau begonnen werden.

Die Schwierigkeit dabei sind die äußeren Verhältnisse des Planeten. Mal herrscht eine hohe Gravitation, mal blasen uns Orkane durch die Gegend, mal penetriert die Hitze der Oberfläche unsere Schiffshülle. Außerdem spielt der Treibstoff eine entscheidende Rolle.

Ein anderes Beispiel ist das Anfliegen des Planetenorbits. Auch hier gilt es die Gravitation des Planeten, sowie die Geschwindigkeit und die Ausrichtung unseres Schiffs im Auge zu behalten: Wer einen Planeten zu schnell anfliegt, zischt meilenweit daran vorbei. Wer eine zu enge Kurve eingeht, könnte Schaden nehmen. Mit etwas Übung und Feinmotorik kriegt man allerdings auch dieses Minispiel in den Griff.

Wer ein Asteroidenfeld betritt, begibt sich stets auf die Suche nach den dort versteckten Ressourcen, was spielerisch ein wenig an einen Slalomlauf erinnert -- die Stangen sind hierbei allerdings die Asteroiden. Ähnlich funktioniert auch das Anfliegen eines Raumdocks -- wer das selige Ports of Call kennt, kann sich den Vorgang ungefähr vor Augen führen.

Man darf wohl durchaus sagen: Auch wenn anfangs insbesondere die Lunar Landing-Sequenzen Spaß machen: So richtig springt der Funke bei diesen Gameplay-Mechanismen nicht über. Und irgendwann stellt sich das Ganze, dem Rogue-like-Aspekt folgend, als nervige Fleißarbeit heraus, die man gerne automatisieren würde.

Der eigentliche Spielreiz 

Was macht also den Reiz des Spiels aus? Ich denke, es ist vor allem das Versprechen der Unendlichen Weiten, das dafür sorgt, das man mehr von dieser (zufallsgenerierten) Spielwelt erfahren möchte, denn was die Begegnungen und die erzählerische Interaktion mit der Umwelt angeht, wurde hier wirklich gute Arbeit geleistet: Es ist spaßig, mit anderen Rassen zu kommunizieren, da viele Dialoge recht witzig geschrieben sind. Es ist toll, eine Mission oder Miniquest auf einem Planeten zu erfüllen und dabei ein einzigartiges Artefakt abzugreifen. Und es ist interessant, mit Außenposten Handel zu treiben, um Teile zu erwerben, die das eigene Schiff gehörig aufpimpen.

Dumm nur, wenn aller Fortschritt durch eine oder zwei Fehlentscheidungen zunichte gemacht wird. Ärgerlich hingegen, wenn es gar nicht mal in unserer Hand lag, etwas zu tun, weil das freundliche Alien von Nebenan der Meinung ist, dass Niederballern die beste Option wäre oder weil einfach die Crew-Zusammensetzung (wir dürfen aus 10 verschiedenen Archetypen vier Mitglieder zusammenstellen) in der aktuellen Situation nicht weiterhilft.

Fehlende Progression

Wäre der Titel ein Rogue-Lite, wäre uns also die Möglichkeit gegeben, eine merkbare Progression zu erzielen, wäre das Scheitern weniger schmerzhaft und der Neubeginn deutlich motivierender. Wären die zahlreichen Motoriksequenzen nicht, würde es als reines Rogue-Like vielleicht sogar funktionieren -- bei FTL geht das Grundprinzip aufgrund seiner "Fluffigkeit" in der Handhabung ja auch auf. So aber steckt The Long Journey Home ein wenig zwischen den Stühlen: Man möchte ja schon gerne wissen, was es da noch draußen zu finden gibt, aber der Weg dahin ist irgendwann ein wenig... störend.

Fazit: 

Gute Ansätze, teilweise tolles Storytelling mit ansprechenden Dialogen, eine weit entfernte Galaxis, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat -- das alles macht wirklich Freude. Bedingt durch das Rogue-Like-Konzept zehrt die xte Wiederholung der selben Minispielchen dann doch an der Dauermotivation. Und eines muss man leider klar benennen: Die deutlichen Indiespiel-Charakterzüge haben in einem 40 Euro-Vollpreistitel nichts zu suchen -- die Hälfte des Preises wäre angemessener.

Wertung: 9/12