The Last of us 2 ist das erste Spiel, was mir am Anfang gar nicht gefallen hat und immer besser wurde, je weiter ich es gespielt habe. Daher habe ich hier ein spoilerfreies Fazit geschrieben, das ich in ein paar Abschnitte eingeteilt habe.


Technik und Gameplay:
Zunächst mal fand ich die Technik und die Grafik verdammt genial, die Grafik holt wirklich alles aus der PS4 raus (was natürlich auch der Lüfter deutlich demonstriert), aber ich habe noch nie so schöne Charaktermodelle und eine so schön gezeichnete Welt gesehen. Im Vergleich zu Spider-Man werden hier alle Modelle scharf gezeichnet, bei Spider-Man war zB nur er selbst ziemlich genial animiert, die Gegnermodelle wirkten grafisch eine Nummer schlechter. Hier ist alles verdammt schick. Auch die Gesichtsanimationen sind echt gut und man sieht selten Unterschiede zwischen Spielegrafik und Cutscenes. Klar wird hier eine ständige Wiederholung auch nervig, z.B. wenn Ellie jemanden mit einem Stealth-Kill umbringt spult sich immer die gleiche Animation ab: Sie schnappt sich einen Gegner und hält ihm das Messer oder die Pistole ins Gesicht, dann kann man ihn noch etwas umher schleifen, um zum Beispiel in Deckung zu gehen und dann drückt man auf die Kill-Taste, und jedesmal greift der Gegner sich vorher noch über den Kopf, um sich zu wehren. Hier wird auch meiner Meinung nach immer klar diese Schuldfrage ab absurdum geführt: Ellie bringt Leute nur um, weil sie sich wehren bzw. weil sie vorher von ihnen angegriffen wurde. Daher auch meine Kritik an dem Kampfsystem: Trotz Stealth-Elemente schaffe ich es ganz selten, schleichend durch ein Gebiet zu kommen. Mir ist klar, dass das Spiel hier einen realistischen Ansatz wählt und es auch nicht logisch ist, dass ich nie entdeckt werde. Aber außer den Backsteinen und Flaschen, die ich als Wurfobjekt zur Ablenkung nutzen kann und zwei (am Ende des Spiels drei) Waffen, die überhaupt leise verwendet werden können, kann ich schlicht nichts machen, außer anschleichen und von hinten einen Stealth-Kill zu machen. Hier kommt dann noch hinzu, dass ich mir immer die oben genannte Animation anschauen muss, die auch lange dauert. In dieser Zeit kann mich ein Gegner sehen und ich kann als Spieler nicht eingreifen. Sowas wie in Batman Arkham oder Spider-Man, zum Beispiel ein Greifen von oben, ein Umreißen auf den Boden und dort einen Stealth-Kill gibt es nicht. Das führt mich dann auch zu meinem nächsten Problem, das ich bei Videospielen dann oft habe: Hat mich ein Gegner gesehen, wissen alle Gegner wo ich bin, und zwar ausnahmslos. Und dann ballert jeder auf mich. Es gab ein paar Stellen, bei denen ich es geschafft habe, zumindest wieder in den "Wo ist sie hin?"-Modus zu kommen. Hier finde ich es übrigens gut gemacht, dass die Gegner mich, anders wie bei vielen anderen Stealth-Spielen nicht mehr vergessen. Außerdem sind die Savepoints so gut gesetzt, dass ich nach einem Entdecken direkt schnell laden kann und bin wieder vor dem Punkt, an dem ich entdeckt wurde. Trotzdem nerven mich hier auch die Restriktionen bei der Munition: Ich kann zum Beispiel für die Pistole nur 16 Kugeln mitnehmen, da sie zu anfangs genau 8 Schuss im Magazin hat. Somit kann ich mit jeder Waffe immer genau ein volles und ein weiteres Magazin mit mir führen. Später gibt es aber durch eine Werkbank die Option, alle Waffen zu verbessern. Das ist ziemlich cool gemacht und erinnert an das Crafting aus Tomb Raider. Allerdings kann ich dann dort auch die Magazingröße erweiteren, was dazu führt, dass ich dann 10 Schuss in meinem Magazin habe, ich kann aber dann nur weitere 6 Kugeln mit mir rumtragen. Das nervt tierisch. Schlimmer noch: es gibt zum Beispiel für die Schrotflinte auch noch Munition zum Craften, hier kann ich aber auch nicht die Maximalmenge für Kugeln überschreiten. Das heißt, habe ich bereits volle normale Munition für die Schrotflinte, darf ich keine Crafting-Munition bauen. Hier verstehe ich das Spielsystem nicht. Das ganze wird dann noch total ad absurdum geführt, wenn ich in einem Raum voller Munition bin, aber bereits volle Munition dabei habe und nichts aufnehmen darf, aber genau weiß, dass dieser Raum nur existiert, weil mich nun gleich eine Horde Gegner erwartet. Ich bekomme also reichlich Munition vor die Nase gelegt, darf sie aber nicht mitnehmen. Gleichzeitig trage ich aber einen Rucksack, in dem sichtbar viel Platz ist. Man findet andererseits Notizen von NPCs überall in der Spielwelt, von diesen darf ich endlos welche einsammeln. Ich hätte mir vor allem für die Kämpfe mehr Munition gewünscht, zumal ich zum Beispiel, wenn ich keine Headshot erziele, 3 oder mehr Pistolenkugeln brauche, um einen einzigen Gegner zu erledigen. Die Gegner haben übrigens endlos Munition, wenn ich sie aber erledige, finde ich maximal 3 Schuss. Alles in allem hab ich mich aber irgendwann an das Gameplay gewöhnt, aber hier hätte ich mir die Kämpfe etwas mehr wie in den Tomb Raider Spielen gewünscht, mehr Munition und dann von mir aus auch stärkere Gegner aber einfach dann auch mehr Action, das hätte auch mehr zum Experimentieren beigetragen. Trotz dieses Munitionsmangels ist es nämlich so gut wie gar nicht möglich, ungesehen durch ein Gebiet zu schleichen, man muss eigentlich immer mindestens ein paar Wachen erledigen, um durch zu kommen. Hier hätte ich mir dann auch die Variante gewünscht, dass ich ohne Gewalt durch komme. Das geht aber nahezu nie.


Spielwelt:
Nun kommen wir zu den positiven Seiten, ich fand die Spielwelt und vor allem die Stadt Seattle einfach nur verdammt gut gemacht. Man begibt sich oft von A nach B, es ist meistens auch linear, aber die Art, wie der riesige Level dieser Stadt aufgebaut ist, ist einfach fantastisch. Hier finde ich auch, dass die Bezeichnung "Next Gen" passt. Und das ist einer der Punkte, in dem ich einem Spielemagazin recht gebe: Das Spiel setzt Maßstäbe, an denen sich andere Spiele messen müssen. Ein Beispiel: Ichmuss zu einem Krankenhaus. Das ist ein großes Hochhaus mit einem roten Kreuz. Und ich sehe dieses Haus in der Ferne. Dann kämpfe ich mich durch die Stadt, 3 Stunden lang und komme dem Haus immer näher. Es geht durch einige Gebäude, durch Keller, durch Parkhäuser und so weiter. Und im Krankenhaus angekommen stehe ich dann an einem Fenster und sehe im Hintergrund ein Riesenrad und weiß dann: Krass, dort war ich vor 3 Stunden und ich bin hier durch die ganze Stadt durch, habe mich von A nach B gekämpft, habe dazwischen auch kleine Geschichten erlebt und wenn ich das gefunden habe, was ich brauche, muss ich da auch wieder zurück. Hier merke ich dann, wie groß diese Stadt ist und wie genial dieser riesige Level gebaut ist. Und auch hier merke ich dann, wie wenig mir Open World Spiele noch gefallen und wie gut die Entscheidung war, dieses Spiel eben nicht zu einem Open World Spiel zu machen, sondern den Spieler durch Kampfbegegnungen und durch Story-Fortschritte da durch zu führen. Das Gebiet wirkt auf mich dadurch auch komplett anders als zum Beispiel in einem Red Dead Redemption, bei dem die Welt zwar deutlich größer ist, ich aber dann einfach mal 30 Minuten reite, bis es weiter geht. Hier erlebe ich unterwegs etwas und das Spiel führt mich dabei. Bei Spider-Man komme ich zum Beispiel durch das Bewegungssystem schnelle vorran aber das Spiel wirft mir dann Zufallsbegegnungen oder Nebenquests zwischen die Beine oder Sammelaufgaben. Hier ist das nicht so. Ich entscheide hier nicht sondern das Spiel. Mein Charakter will zwar von A nach B aber unterwegs erlebt er etwas oder muss sich eben durch einen Kampf durchschlagen. Bei einer Open World entscheide ich mich ja auch oft, nicht zu kämpfen, werde dann von Gegnern verfolgt, schüttele sie ab und dann vergessen sie mich. Hier ist das nicht so, und das gefällt mir unglaublich gut. Noch eine weitere Sache die mir gut gefällt, aber die dann eher zur Story passt: Sobald ich einen krassen Moment im Spiel erlebt habe, nimmt das Spiel die Bremse in die Hand und lässt mich dann gut 30 Minuten lang eine ruhige Szene spielen. Das macht es auch bewusst, indem es mir keine Option zum Kämpfen gibt. Ein Beispiel: Ich falle durch eine Barrikade in einen Keller und durchlebe dort eine unglaublich krasse Begegnung, die mich auch als Spieler gut Nerven gekostet hat und sämtliche Munition leer ballern ließ. Mein Charakter ist nicht nur fertig mit den Nerven sondern auch verletzt. Danach gibt es einen Cut, der Rückweg bleibt mir also auch spielerisch erspart und ich bin wieder in einem friedlichen Gebiet. Hier sind dann aber mein Rucksack und meine Waffen nicht da oder aber die UI ist quasi gesperrt und ich kann gar keine Waffe ziehen und ich laufe durch einen friedlichen Level, suche eine bestimmte Person, rede mit ihr, spiele mit einem Hund und so weiter. Das Spiel gibt mir dann 30 Minuten Ruhe und erzählt dabei trotzdem seine Geschichte weiter. Dadurch wachsen mir dann auch bestimmte Charaktere ans Herz, ähnlich wie Sully in Uncharted 1. Bei einem Dark Souls oder einem Assassins Creed muss ich mir nach manchen Stellen als Spieler eine Pause gönnen, weil mir das Spiel zu stressig war, hier sorgt das Spiel selbst für eine Pause und lässt mich das alles in Ruhe erleben. Und das hat mir sehr gut gefallen.
 

Story:
Dritter und letzter Punkt meines Fazits: Ohne nun zu spoilern hat mir die Story nach anfänglichem Aufregen wirklich gut gefallen. Bis zur Hälfte des Spiels war ich ehrlich gesagt genervt. Nicht von einem Story-Twist sondern von der Ausarbeitung eines Charakters und der Umgang des Spiels mit ihm, Das hat das Spiel aber nach der ersten Hälfte dermaßen gut begründet und mir dann einfach mal gezeigt, warum ich das nun alles so gesehen habe. Auch hier greift wieder das Zitat "neue Maßstäbe". Sowas habe ich noch nie erlebt und es war super inszeniert. Geiler Scheiß auf gut deutsch gesagt. Dieser Punkt ist nun extra kurz gehalten weil ich nicht viel über die Story erzählen kann, ohne zu spoilern. Es sei nur soviel gesagt: Der Fokus der Story ist diesmal ein deutlich anderer als im ersten Teil, die Charaktere werden alle sinnvoll weiter entwickelt, neue Charaktere kommen hinzu und werden gut eingebaut. Es sind außerdem Rückblenden vorhanden, die die Lücke zwischen Teil 1 und 2 schließen, da hier soweit ich weiß 5 Jahre vergangen sind. Was mir als Gitarrist sehr gut gefallen hat, waren Szenen in denen Ellie Gitarre spielt. Die Gitarre wird auch gegen Ende des Spiels nochmal als tragisches Element eingesetzt und Ashley Johnson singt die Songs auch alle selbst. Wer will, kann sich online spoilerfrei ihre Version von "Take on me" anhören. Hier finde ich auch die Tatsache klasse, dass Musik hier auch als Relikt vergangener Zeit eingesetzt wird, da es ja nie wieder neue Künstler geben wird in der Welt von Last of us und daher das Musikmachen ein sehr kostbares Gut ist. Ellie hat mehrere Schallplatten und einen aufziehbaren Plattenspieler, auch das zeigt wieder, dass die gute alte Vinyl die Apokalypse überleben kann. In den Credits zeigen sie außerdem nochmal alle Songs, die im Spiel vorkommen. Toll, ich liebe Musik.


Fazit vom Fazit:
Aktuell ist das eindeutig mein Spiel des Jahres und ich kann, obwohl ich es vorher kritisiert habe, die hohen Wertungen absolut verstehen. Ich hätte mir in den Kämpfen mehr Alternativen gewünscht oder auch mal die Alternative, eben nicht zu kämpfen, sondern weiterzuziehen. Die habe ich leider nie. Ansonsten war das ganz großes Kino und ich freue mich nun sehr auf das nächste Naughty Dog Spiel, denn seit Jahren hab ich nicht mehr so voller Leidenschaft ein Spiel durchgespielt wie dieses.