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Tales of Monkey Island kaufen
Der Jahrgang 2009/2010 wird ohne Zweifel als der Zeitpunkt in die Computerspielgeschichte eingehen, an dem mit den Monkey Island-Remakes die vielleicht großartigste Adventureserie aller Zeiten ihren Weg zurück auf die heimischen Monitore fand.
Im Windschatten der Special Editions und vom deutschsprachigen Publikum reichlich unbemerkt, segelte Hauptprotagonist Guybrush Threepwood allerdings noch auf einem zweiten Kahn. Dieser wurde auf den Namen
Tales of Monkey Island getauft, von
Telltale Games entwickelt und ist, man ahnt es schon, wie schon das Sam&Max-Revival aus gleichem Hause ein Adventure im Episodenformat. Und das sorgt in unseren Gefilden in der Regel für wenig Euphorie, hat der Adventure-Fan doch mit Downloads, englischer Sprache und ewigen Wartezeiten zwischen den einzelnen Episoden zu kämpfen.
Gut also, dass sich der Spieleentwickler
Daedalic (Edna bricht aus,
A New Beginning) ein Herz fasste, alle Episoden in Text und Sprache ins Deutsche übertrug und zusammen auf eine DVD presste. Und voila, da haben wir ein Produkt, das auch den heimischen Markt anspricht. Die Rahmenbedingungen passen also, stellt sich nur noch die Frage, ob auch die spielerischen Innereien überzeugen können. Und das klärt der nun folgende Test.
Tales of Monkey Island besteht aus insgesamt fünf Einzelepisoden, die über eine zusammenhängende Story verknüpft sind und den Spielfluss deshalb nicht unterbrechen. Der erste Teil,
Launch of the Screaming Narwhal, führt euch in einem kurzen Epilog nicht nur in die Story ein, sondern erklärt euch zusätzlich in die grundlegende Bedienung des Spiels. Und die ist leider verkorkst, anders lässt sich das nicht ausdrücken.
Verkorkste Bedienung
Während die gesamte Adventure-Welt dafür sorgt, dass die Spielfigur via standardisierten Point&Click von A nach B kommt, steuert ihr Guybrush entweder umständlich über ein einblendbares Steuerrad, mit dem die Laufrichtung des Piraten vorgegeben wird oder ihr benutzt die nicht minder umständliche Tastaturvariante, könnt in diesem Fall aber trotzdem nicht ganz auf die Maus verzichten. Gegenstände werden entgegen aller Standards nicht miteinander kombiniert, in dem ein Item angeklickt und auf das andere gezogen wird, nein, hier muss man beide in eigens dafür vorgesehene Fächer ziehen und die Kombinationstaste drücken. Klappt es, leuchtet der Bildschirm hell auf. Wenn nicht, darf man sich weiter einen Wolf abklicken.
Zwei Lichtblicke gibt es allerdings: Gegenstände und Personen können immerhin per Point&Click anvisiert werden und Guybrush lässt sich bei längeren Laufwegen dankenswerterweise zum Spurt animieren – das erspart nervige Wartezeiten.
Grafisch durchwachsen, akustisch gut
Wer Sam&Max oder die Wallace&Gromit-Episoden von Telltale bereits kennt, wird wissen, was ihn grafisch erwartet und das sind in erster Linie grobe Polygone, schwache Texturen und staksige Animationen. Technisch macht das Spiel deshalb nicht den besten Eindruck, ist aber auch keine Katastrophe, weil die Präsentation insgesamt trotzdem stimmig ist. Lucasarts hat allerdings ausgerechnet bei den Monkey Island Special Editions gezeigt, wie ein zeitgemäßer Klassiker aussehen kann, wenn man sich etwas Mühe gibt.
Gut gelungen ist hingegen die Musikuntermalung, die das typische Monkey Island-Thema gekonnt aufnimmt. Besonders gefallen hat uns vor allem die Sprachausgabe, welche von Daedalic mit viel Aufwand ins Deutsche gebracht wurde. Da hört sich Guybrush auch wirklich wie ein Guybrush an und allein diese Tatsache sorgt für einen heimeligen Retro-Flash. Nachjustieren ist allerdings bei der Lautstärke angesagt, denn wir hatten das Gefühl, dass die Stimmen deutlich leiser abgestimmt waren als der Soundtrack.
Viel Witz, wenige Kopfnüsse
Wer bei
Tales of Monkey Island nach knackigen Rätseln und harten Kopfnüssen sucht, sucht vergebens. Die Serie beschränkt sich auf relativ einfache Kombinationsrätsel und bietet zudem die Möglichkeit, sich kleine Hinweise einblenden zu lassen. Dafür fehlt allerdings eine komfortable Hotspot-Funktion, die dem Spiel trotz aller Seichtigkeit gut getan hätte.
Das Spiel lebt demnach von anderen Qualitäten und das ist in erster Linie der hervorragende Humor, der ja auch schon die Sam&Max-Episoden so speziell machte. Zusammen mit der tollen Sprachausgabe darf sich der Spieler über jede Menge Schenkelklopfer und Gesichtsgrinser freuen.
Durchschnittliche Spielzeit
Die einzelnen Episoden währen nicht lange – im Schnitt spielt man ca. 4 Stunden pro Abschnitt. Das mag nicht viel erscheinen, ist aber in Anbetracht der Gesamtheit aller Episoden eine ordentliche Spieldauer. Zusätzlich darf sich der Käufer an einigen Goodies wie Wallpaper, Concept Arts und Screenshots erfreuen, die sich neben dem Spiel auf der DVD tummeln.
Fazit: Humorvolle Piratensaga
Man nehme Sam&Max, ändere das Setting und siehe da:
Tales of Monkey Island ist geboren – überspitzt formuliert, versteht sich. Dennoch lässt es sich nicht leugnen, dass der technische Unterbau des Spiels nicht mehr als taufrisch bezeichnet werden kann, was aber gar nicht mal sonderlich stört, weil die Grafik in sich stimmig ist. Besonders gut gefällt in diesem Zusammenhang die ausgezeichnete deutsche Sprachausgabe, die einen Großteil des Spielreizes ausmacht.
Fans der harten Knobeleinlagen werden bei dem Episoden-Monkey Island allerdings nicht glücklich, dafür ist der Schwierigkeitsgrad einfach zu seicht, was wiederum Einsteigern (trotz fehlender Hotspot-Anzeige) zugute kommt. Und seien wir mal ehrlich: Die Rätseleinlagen der klassischen Teile waren bisweilen recht absurd, so dass man Monkey Island ohnehin noch nie ein besonders gutes Rätseldesign bescheinigen konnte.
Was also macht den besonderen Reiz der Serie aus? Ganz klar der Humor und der wird auch bei den Tales of Monkey Island ganz groß geschrieben: Grinser, Schenkelklopfer, beherzte Lacher – all das erwartet den Adventure-Fan bei allen fünf Episoden und so möchte jedem, der sich in dieser Beschreibung wiederfindet, dieses Spiel ans Piratenherz legen. Und wer sich weigert, wird augenblicklich gekielholt, arrrrr!
Wertung: 9/12