Heavy Rain

>> Bestell-Link

Was lässt sich über ein Spiel sagen, dessen Installationszeit bereits durch das Falten eines beigelegten Origamipapiers versüßt wird? Eines steht zu Beginn jedenfalls fest: Hier wird der Nährboden für eine großartige Atmosphäre gelegt, denn Heavy Rain lebt und atmet mit seinen bedrückenden Bildern, den faszinierend umgesetzten Regentropfen und einem Soundtrack, der unterschwellig für Gänsehautfeeling sorgt, vor allem von ihr, der Atmosphäre.

Wer Quantic Dream nicht kennt, hat vermutlich Fahrenheit verpasst, das den Franzosen bereits Ende 2005 zu einigem Ruhm verhalf, aber spielerisch aufgrund einer Reihe nerviger Designpatzer (Quick-Time-Events) als zu unausgegoren galt. Heavy Rain sieht sich nun als die geistige Fortsetzung des Konzepts, ein Thriller der Marke Film Noir, welcher sowohl im spielerischen, als auch im erzählerischen Sinne ganz neue Wege geht.

Spielerisch nicht nur deswegen, weil uns Quantic Dream statt eines Protagonisten derer gleich vier vor die Nase setzt, sondern auch ob des ungewöhnlichen Steuerkonzepts.

Erzähltechnisch insbesondere aufgrund der Tatsache, dass der PS3-exklusive Titel eine Art Interaktiver Film (im besten Sinne dieses Begriffes) darstellt, der in manchen Situationen aber derart detailliert auf seine Umgebung eingeht, dass einem das Wortspiel Sim Rain im Kopf herumgeistert. So ist es durchaus möglich (aber nicht zwingend notwendig) sich einen Film anzuschauen, die Uhrzeit zu studieren oder seinen Sohn zuzudecken und ihm einen Gute Nacht-Kuss zu geben. Wer möchte, kann das tun. Wer nicht, lässt es. Manchmal hat das Folgen für den Spielverlauf, die sich erst später herauskristallisieren, sehr oft spielt es auch überhaupt keine Rolle.

Ungewöhnliche Handhabung

Die auffälligste Designentscheidung an Heavy Rain ist mit Sicherheit die ungewöhnliche Steuerung. Seltsam mutet da die Frage zu Anfang an, ob der Spieler bereits Erfahrung mit Konsolen und Gamepadsteuerung gesammelt habe. Und das ausgerechnet bei einem Steuerkonzept, das ich so in keinem Konsolenspiel erlebt habe.

Wer sich etwa bewegen möchte, macht dies mit dem linken Analogstick, während die rechte untere Schulteraste gedrückt gehalten wird. Interaktionen mit der Umgebung funktionieren über den rechten Analogstick. Hier gilt es oft, Bewegungen im Stil eines Street Fighter-Hadokens nachzuzeichnen, um beispielsweise den Kühlschrank zu öffnen. Hinzu kommt, dass der Spieler nie ganz freie Sicht auf die Umgebung bekommt; zwar lässt sich die Perspektive mittels Knopfdruck komplett herumdrehen, aber die Kamera steht in einigen Fällen recht ungünstig und erschwert so die Übersicht und auch den gesamten Bewegungsprozess. Eine gewisse Eingewöhnungszeit ist demnach notwendig, wird durch ein schön gemachtes Tutorial dafür gut unterstützt.

Wer Quick-Time-Events unter Zeitdruck nicht mag, ist bei Heavy Rain unter Umständen fehl am Platze: Egal ob man einen Hügel erklimmen oder einen Nahkampf durchführen möchte, der richtige Knopf zur rechten Zeit ist stets gefragt. Das mag wenig nervig klingen, ist aber besonders in Situationen Auge um Auge mit dem Gegner extrem spannend und dank eines umfangreichen Pools an Animationen fast schon filmreif umgesetzt.

Grafisches Wechselbad der Gefühle

Grafisch bietet der Titel einen kruden Mix aus “naja, gerade noch gut” und “wow, sieht das geil aus” an. Manche Animationen und Darstellung des Regens haben es mir hier angetan, aber auch manche Gesichter (wir erinnern uns) stehen ihren realen Vorbildern in wenig nach. Demgegenüber stören so manch staksige Bewegungsabläufe und teils schwammige Texturen die insgesamt gut geratene Präsentation.

Fazit: Interaktiver Film Noir mit leichten Schwächen

Heavy Rain ist kein Spiel für Kinder oder Frohnaturen. Vielmehr gestaltet sich die Jagd nach dem so genannten Origamikiller zu einem düsteren Epos, das einen nervenaufreibenden Grundton transportiert und den Spieler ständig auf Spannung hält. Man kann sich das in etwa wie in einem Film vorstellen, der eine Szene zeigt, die für sich genommen ganz normal wirken würde, wäre da nicht diese traktierende Musik im Hintergrund und der seltsame Schnitt, der alle Alarmglocken bei uns läuten lässt.

Wer mit einer solchen Atmosphäre und dem deprimierenden Grundton dieser Film Noir-Versoftung nichts anfangen kann, sollte die Hände von dem Spiel lassen. Auch jene, die sich von schnellen Quick-Time-Events überfordert fühlen und Wert auf eine anständige Steuerung legen, werden hier mit Sicherheit falsch am Platze sein.

Alle anderen freuen sich mit Heavy Rain über eines der innovativsten, spannendsten und filmreifesten Spiele, die jemals produziert worden sind. Es ist fast schon eine Schande, dass solch ein Titel exklusiv für PS3 entwickelt wurde – jedoch gut für Sony, gibt es doch nur wenig bessere Gründe, sich die Edelkonsole ins Haus zu holen.

Unterm Strich ist auch Heavy Rain, wie schon Fahrenheit zuvor, in vieler Hinsicht nicht perfekt, aber in seiner Gesamtheit ein kleines Meisterwerk, das es unbedingt verdient hat, gespielt zu werden.

Wertung: 10/12

Wir bedanken uns für das Testmuster, das uns Gutscheincodes (dort gibt es übrigens auch OTTO Gutscheine) zur Verfügung gestellt hat.

0 responses to "Review: Heavy Rain Test / Fazit (PS3)"