Mutig sind sie, die Jungs von Two Bits Kid. Auch wenn Dungeon Crawler eine feine und eingeschworene Fangemeinde haben (die Legend of Grimrock-Entwickler wissen, wovon ich spreche), kommt es immer drauf an, wie ein Spiel präsentiert wird. Es gibt nämlich einen Unterschied zwischen: Retro-Feeling aufgreifen und in ein modernes Gewand verpacken oder ein Spiel zu entwickeln, das sich exakt so anfühlt, spielt und aussieht wie ein Spiel von vor 20-30 Jahren.

AOEN OF SAND - The Trail ist in dieser Hinsicht äußert Retro. Das Spiel hätte so wie es 1:1 Anfang der 90er auf dem Amiga veröffentlicht werden können und hätte damit voll in die Zeit gepasst. Das hat Vor- und Nachteile: Fans von Dungeon Master, Eye of the Beholder, Ishar, Black Crypt etc kommen vielleicht auf ihre Kosten -- wenn sie denn damit leben können, dass sich das Spiel eben genauso anfühlt und genauso aussieht, wie die Vorbilder. Alle anderen werden sich mit dem Titel eher schwer tun.

Doch der Reihe nach: AOEN ist ein postapokalyptisches Rollenspiel, das vom Szenario her am ehesten in Mad Max-/Dune-/Dark Sun-Richtung geht. Wir verkörpern Setrani, einen Gärtner, einen absoluten Anti-Helden, der wider Willen auf eine Mission geschickt wird -- und die ist wahrlich nicht so angenehm, weil er damit sein beschütztes Heim verlassen und in die unwirtliche Wüste hinaus muss. Anfangs allein, findet man schon relativ schnell weitere Helden, die sich unserer (maximal 3köpfigen) Gruppe anschließen.

Das Spiel ist dabei zweigeteilt: Den Großteil des Gameplays verbringt man in Dungeons, die eben wie ein klassischer Dungeon Crawler funktionieren: Kämpfe in Echtzeit, herumtänzeln um Gegner, Druckplatten beschweren, Türen mit versteckten Knöpfen öffnen, Rätsel lösen und so weiter. Der andere Teil ist die Reise über eine Überlandkarte, über die wir verschiedene Locations besuchen. Es gilt hierbei immer wieder Entscheidungen zu treffen, die in eine, für diese Art von Spiel, recht umfangreiche Story eingebunden sind.

Besonders schön: Die Entwickler haben jede Menge humorvolle Passagen eingebaut -- und durchbrechen sehr oft die 4. Wand. Immer wieder zeigt sich Setrani mürrisch, die Entwickler kommentieren das dann und wann. Überhaupt ist unser Held ein echter Anti-Held und das lässt er uns mehr als einmal wissen. Apropos Held: Da haben wir es mit einer echten Schwäche des Spiels zu tun, denn auch wenn die Absicht der Entwickler war, das Spiel mehr auf Story zu trimmen, denn auf klassische Auflevel-Orgien, muss man doch sagen, dass die Story alleine nicht gut genug trägt, um auszugleichen, dass es quasi keinen Level-Mechanismus gibt. Drei Traits, die sich relativ uninspiriert durch Verwenden von Magie, Fern- und Nahkampfwaffen steigern lassen. Ein paar Attribute. Und das wars. Keine Exps, keine Level, keine echten Skills. Vieles lässt sich nur über Ausrüstung aufwerten. Klar, kann man machen, aber befriedigen tut das nicht. Interessant ist allerdings der Ansatz, Mana als Ressource einmal andersrum zu verwenden: Wirkt man Magie, verliert man kein Mana, sondern baut quasi seine Mana-Vergiftung aus. Wer also zu viel zaubert und keine Gegenmaßnahmen trifft, schadet irgendwann der eigenen Gesundheit.

Noch ein letztes Wort zu Optik und Musik: Ich finde die musikalische Sounduntermalung teilweise sehr gut gelungen. Die Optik hingegen ist echte Geschmackssache. Schön ist das Spiel nicht und alles andere als technisch anspruchsvoll. Bei den abhackten Animationen der Gegner, deren unsaubere Transparenz und vielen anderen Punkten fragt man sich schon, ob das Ganze jetzt der Hommage an die Optik von damals oder einer Portion Unvermögen entspringt. Bedingt durch das Szenario wirkt vieles sehr trist, manches Mal wirkt dieser Style aber auch sehr passend. Allerdings punktet das Spiel mit vielen, fast schon Portrait-artigen Szenen und einem eher abstrakten Style. Ich kann es schlecht in Worte fassen, deshalb empfehle ich auch mein entsprechendes Video dazu. Ich denke es wird die Gruppe geben, die sagt: Ne, da krieg ich Augenkrebs und die Gruppe, die sagt: Da krabbelt aber wohliges Retro-Feeling den Bauch hoch.

Entscheidet selbst -- für rund 17-19 Euro kann man dem Titel aber schon eine Chance geben, so man denn Dungeon Crawler mag.

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