Galaxy Trucker

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Vlaada Chvatil – ein Zungenbrecher mischt die Brettspielwelt auf. Wer in den letzten Jahren nach innovativen und außergewöhnlichen Brettspielkonzepten Ausschau gehalten hat, kam an Autor Chvatil und dessen Kreationen (Space Alert, Dungeon Lords) vermutlich nicht vorbei. Dass es dabei nicht immer Spiele sein müssen, die ganze Nachmittage und Abende in geradezu epischer Manier verschlingen, beweist das vielgerühmte Galaxy Trucker, das ich heute vorstellen möchte.

Wer Douglas Adams mag und schon immer mal per Anhalter durch die Galaxis fliegen wollte, darf sich über Galaxy Trucker gleich doppelt freuen: Nicht nur, dass es bei Chvatils Brettspiel möglich ist, sich ein eigenes Raumschiff (aus Abflussrohren!) zusammenzuzimmern, um das nächstbeste Restaurant am Rande des Universums aufzusuchen, nein, bereits die Anleitung enthält jede Menge sarkastische Randbemerkungen, die einem Douglas-Liebhaber so manches Schmunzeln entlocken werden. Dass das Handbuch nicht nur den Lachmuskeln dient, sondern obendrein noch recht klar strukturiert und mit Beispielen vollgestopft ist, freut zudem jeden, der bei komplexeren Brettspielen schon durch das Lesen der Anleitung abgeschreckt wird.

Anschluss an Anschluss: Die Aufbauphase

Um was geht es jetzt genau bei Galaxy Trucker? Eigentlich um das Anhäufen von Credits. Bis zu vier Spieler erhalten einen Spielplan, der den Umriss eines Raumschiffs skizziert. Dieser kann mit allerlei Plättchen befüllt werden, wobei die Marker je nach Symbol beispielsweise für eine Waffe, einen Antrieb, ein Schutzschild, Batterien, Lebenserhaltungssysteme oder Lagerräume stehen.

Galaxy TruckerAbbildung 1: Das Schiff in ausgebautem (aber nicht perfekten) Zustand

Die einzelnen Teile werden durch drei unterschiedliche Rohrverbindungen miteinander verquickt, so dass am Ende ein ausgewogenes Schiff entsteht, das für den kommenden Flug mit allen Notwendigkeiten ausgerüstet ist. Doch Vorsicht: Wer die Rohrsysteme mit falschen Steckverbindungen aneinander legt, muss sein fliegendes Gefährt bereits beim Abflug um die jeweiligen Teile demontieren. Und das kann leichter passieren, als man denkt, denn in Galaxy Trucker herrscht allgemeiner Zeitdruck und Ressourcenknappheit: Alle Plättchen werden verdeckt in die Spieltischmitte gelegt und unter dem Ablauf einer Sanduhr von allen Spielern gleichzeitig aufgedeckt und am Raumschiff angebracht. Dabei gilt, dass es immer nur ein Bauteil sein darf, das man gerade in der Hand hält (zwei darf man immerhin noch auf “Halde” legen, falls man es später verbauen möchte).

Wenn das aktuelle Teil nicht passt, muss es aufgedeckt zurück in die Mitte gelegt werden und die Jagd nach dem nächsten Bauteil geht weiter. Da hier bis zu vier Spieler gleichzeitig im großen Bauteile-Schrottplatz nach der besten Waffe, Verbindung oder Kabine suchen, entsteht ein konzentriertes Wettrennen um die besten Stücke, bei denen nur die Mutigsten (ich, muahaha!) noch gleichzeitig den Nerv haben, die Mitspieler mit wirren Kommentaren aus dem Trott zu bringen.

Geschwindigkeit oder Perfektion

Beim Raumschiffbau ist tunlichst darauf zu achten, dass keine offenen Bauteile die Außenwände des Trucks verunstalten, denn diese sind besonders anfällig gegen oft auftretende Meteoritenhagel. Aber genau hier liegt der Knackpunkt: Ein makelloses Schiff zu bauen ist an sich erstrebenswert (insbesondere, weil das schönste Schiff am Ende auch noch einen Batzen extra Credits erhält), aber andrerseits sitzt einem die Zeit im Nacken. Vor allem deshalb, weil Spieler, die zuerst fertig sind, ihr Raumschiff bereits in Position bringen dürfen und sich alle kommenden Spieler hinten einreihen müssen.

Galaxy TruckerAbbildung 2: Jagd nach den besten Schiffsteilen

Und am Ende als Erster ins Ziel zu kommen, bringt (man erahnt es schon), nicht nur weitere Credits ein, sondern hat in der Regel einen ungeheuren Vorteil in der Spielmechanik: Die meisten Begegnungen richten sich an den führenden Spieler: Sind Piraten unterwegs, darf der Führende (so er denn kann) diese zerstören und eine Belohnung kassieren. Oder er darf beim Warenkauf auf jenem Planeten eine Landung versuchen, der die wertvollsten Güter einbringt. Doch keine Angst: Wer anfangs langsamer gebaut hat als alle anderen, ist nicht zwangsläufig abgeschlagen, denn durch verschiedene Spielmechanismen ist es durchaus möglich, mit einem potent angetriebenen Schiff wieder ganz vorne aufzuschließen.

Galaxy Trucker ist in drei Etappen unterteilt; in jedem Abschnitt wird der Bauplan für das Schiff ein deutliches Stück größer und die Hatz nach den besten Teilen geht wieder von vorne los. Die dritte Etappe ist dabei um Einiges länger und gefährlicher als etwa der erste Flug und so kommt es nicht selten vor, dass fett beladene Raumschiffe durch etwas Pech und Pfusch am Bau nur noch halb zerstört den rettenden Hangar der aktuellen Etappe erreichen; in Ausnahmen kann es sogar passieren, dass dem Schiff dermaßen zugesetzt wurde, dass es den heimatlichen  Hafen gar nicht mehr erreicht und der Spieler für diese Etappe leer ausgeht.

Wer nach allen drei Etappen die meisten Credits auf seinem Konto verbuchen kann, darf den Sieg für sich in Anspruch nehmen und sogleich das nächste Spiel anfangen, denn Galaxy Trucker beschäftigt selten mehr als 60-80 Minuten und bringt durch den erfrischenden Zeitfaktor eine Menge Kurzweil ins Spiel. In der Grundversion dürfen maximal vier Spieler an Bord Platz nehmen, die recht teure Erweiterung (rund 30 Euro) erhöht die Spieleranzahl auf fünf, was etwas schade ist, da insbesondere ein solches Spiel für einen lustigen Pärchenabend (3x2 etwa) prädestiniert ist.

Fazit: Erfrischend kurzweilig

Nach all den Descent-Abenteuern, den Kämpfen um den Eisernen Thron und den monumentalen Gruppenschlachten im Brettspielazeroth ist erst einmal Umstellung gefragt: Keine fünfstündigen Ausflüge in unterirdische Kellergewölbe, keine Charakterwerte studieren, keine Truppen zusammenkaufen und keine Taktik ausbrüten – zumindest nicht in aller Ruhe. Bei Galaxy Trucker ist unter dem gnadenlosen Herunterrieseln der Sanduhr vor allem schnelle Kombinationsgabe, Konzentration und ein Hang zum Perfektionismus gefragt. Und danach eine gehörige Portion Glück, denn selbst der beste Bau kann schnell auseinander fallen, wenn die richtigen Treffer am falschen Ort dafür sorgen, dass der Ingenieur in uns in Tränen ausbricht.

Galaxy Trucker verspricht (und hält!) vor allem in der Aufbauphase jede Menge Spaß, insbesondere wenn sich die Spieler während der verbissenen Suche nach den besten Teilen miteinander unterhalten; ansonsten kann es schnell zu einem “Jeder baut vor sich hin”-Event ausarten.

Der danach folgende Flug spielt sich angenehm frisch, weil das Aufdecken der einzelnen Karten nicht nur für einen gehörigen Überraschungsmoment sorgt, sondern auch deshalb, weil sich das Spiel durch das rasche Ziehen der Karten insgesamt sehr dynamisch anfühlt. Was allerdings für leichte Irritationen sorgen kann ist eine eher ungewöhnliche Spielmechanik: Weil viele Aktionskarten Flugtage kosten, kann es durchaus sein, dass sich der ganze Tross eher rückwärts denn vorwärts bewegt. So kann es mitunter passieren, dass eine Etappe beendet wird und sich der eigene Flieger kaum vom Fleck bewegt hat.

Unterm Strich ist Vlaada Chvatil mit Galaxy Trucker ein erfrischendes Spiel gelungen, das für enorme Kurzweil sorgt und sich für ein-zwei Partien am Abend im Freundes- und vor allem im Familienkreis bestens eignet. Wer kein episches Spiel erwartet und sich damit anfreunden kann, dass sich die Spielmaterialien nicht auf dem Niveau eines WoW-Brettspiels bewegen, wird hier viel Freude haben, zumal die Spielregeln sehr locker geschrieben und schnell verinnerlicht sind. Schade allerdings, dass das Grundspiel auf maximal vier Spieler ausgelegt ist – hier hätte sich eine Variante für sechs Teilnehmer geradezu aufgedrängt.

Unterm Strich lohnt es sich also, den Namen des Autors im Kopf zu behalten – auch wenn es sich dabei um einen Zungenbrecher handeln mag :)

Wertung: 10/12

Fotostrecke

Galaxy TruckerAbbildung 3: Galaxy Trucker von außen 

Galaxy TruckerAbbildung 4: Packung im Vergleich zu Space Hulk 2009

Galaxy TruckerAbbildung 5: Erster Blick, wenn der Deckel angehoben wird.

Galaxy TruckerAbbildung 6: Jede Menge Marker zum Rausdrücken.

Galaxy TruckerAbbildung 7: Von links nach rechts: Astronauten, Warensteine, Schiffe&Aliens, Sanduhr, Spielkarten

2 responses to "Review: Galaxy Trucker Test (Fazit + Bilder)"

  1. MaxPfister | 15. Juni 2010 um 20:30 says:

    Super Test! wir haben es jetzt auch schon einige Male in einer kleinen Runde gespielt und waren hellauf begeistert. Die Erweiterung kann ich übrigens empfehlen, ist jeden Pfennig äh Cent wert!

  2. KerleKalle | 19. Juni 2010 um 11:26 says:

    Klingt interessant. Und ich finde es gut das man nicht soviele Mitspieler braucht.