Aufmerksame Leser meines Blogs werden wissen, dass ich seit einigen Monaten stolzer Besitzer des World of Warcrafts-Brettspiels bin. Dieses Board Game, das von den Fantasy Flight Games entwickelt und von dem Heidelberger Spieleverlag lizenziert wurde, gehört zu den üppig ausgestattesten Gesellschaftsspielen, die derzeit auf dem Spielemarkt erhältlich sind (allein 4,2 KG an Gewicht) und übt deshalb bereits beim Betrachten der Materialien eine natürliche Faszination auf jeden Teilnehmer aus.
Der Inhalt:
Neben einem sehr großen Spielbrett enthält die Verpackung folgende Komponenten:
- Eine Reihe grauer Spielfiguren aus Weichplastik.
Diese Figuren stellen die Charaktere dar, die der Spieler auf dem Spielbrett bewegt. Die Entwickler haben sich wirklich Mühe gegeben, möglichst viele Details einzuarbeiten, um die Figuren so nah wie möglich an das Computerspiel-Original zu bringen. Und das gelingt auch sehr gut: Ein Tauren-Jäger mit Flinte am Rücken hat absoluten Wiedererkennungwert und unterscheidet sich signifikant von seinen Mitstreitern (etwa von einem süßen Gnomen-Magier). Schade nur, dass die Figuren bedingt durch den grauen Ton ein wenig trist wirken.
Bild 1: Detaillierte ausgearbeitete Spielfiguren sind die Stärke des WoW-Brettspiels
- Einen Sack voller Monster-Figuren
Beim WoW-Brettspiel dreht sich alles ums Monster-Abschlachten -- da unterscheidet sich das Board Game nicht vom Original. Und so darf es nicht verwundern, dass der größte Haben-Posten des Spiels die Plastik-Figuren der Monsterhorden sind, die es Spielverlauf zu vernichten gilt. Da auch diese Figuren sehr schön ausgearbeitet sind, sind sie trotz ihrer gewöhnungsbedürftigen Signalfarben (Rot, Grün, Blau) ein echter Hingucker.
- Charakterbögen
Jedem Charakter ist ein Charakterbogen zugeordnet, auf dem die Klasse, die Rasse, die Fraktion, die Lebens- und Energiepunkte und alle Zauberspruch- und Ausrüstungsslots aufgeführt sind. Dieser Bogen ist der Dreh- und Angelpunkt jeder Charakterentwicklung, denn nur hier ist es möglich, neue Waffen oder Zaubersprüche anzulegen und den Levelwaufstieg des Charakters nachzuvollziehen.
- Spielkarten
In der Packung enthalten sind jede Menge Karten - mal große und mal kleinere. Die größeren Spielkarten stellen die Questaufgaben und Zufallsereignisse des Spiels dar, während die kleineren Varianten Ausrüstung, Zaubersprüche und Talente beherbergen. Die Karten sind richtig schön ausgearbeitet und beinhalten bekannte WoW-Motive, was besonders bei den Fähigkeiten oder Rüstungsteilen zum Ausdruck kommt, die allesamt 1:1 aus dem Online-Rollenspiel stammen.
- Würfel in drei Farben
Der Packung beiliegend erhalten die Spieler satte 21 achtseitige Würfel zu je drei Farben, die für den Kampfverlauf benutzt werden.
Erste Testreihe: Der Selbstversuch
Bislang hatte ich erst drei Gelegenheiten, das Spiel überhaupt auszuprobieren. Beim ersten Mal hieß es noch die Regeln zu Erlernen. Also wurde der heimische Esstisch eine Woche lang zum Konfliktplatz zwischen Allianz und Horde umfunktioniert (nicht immer ohne den Unmut meiner Frau auf mich zu ziehen *g*) und einfach mal drauf los gespielt.
Dieser erste Versuch klappte schon recht gut, was auch der sehr einleuchtenden Anleitung geschuldet ist, die alle Regeln anschaulich und übersichtlich erklärt. Und das kommt wohl nicht von ungefähr, stammt doch auch das WoW-Brettspiel vom Spiele-Autor Christian T. Petersen, der sich bereits für das sehr einleuchtend erklärte Der Eiserne Thron (ein Review aus meiner Feder) verantwortlich zeigt und auch beim Starcraft Brettspiel (jede Menge Fotos von der Ausstattung) seine Finger entscheidend mit im Spiel hatte.
Zweiter Versuch: Zwei Leute, vier Charaktere
Bild 2: In der 2-Spieler-Variante verwaltet jeder Teilnehmer zwei Figuren
Dass eine Partie gegen sich selbst nicht als besonders erfüllend bezeichnet werden kann, dürfte jedem klar sein. Also folgte Versuch Nr. 2. Diesmal musste meine Fau als Spielpartner dran glauben. Laut Anleitung war es bei zwei Spielern notwendig, dass jeder mindestens zwei Figuren spielt, so dass insgesamt 4 Spielcharaktere auf dem Brett waren. Gespielt wurde in der Kombination Druide/Hexenmeister (Allianz) gegen Jäger/Magier (Horde). Ich verkörperte natürlich die Hordenseite *g*.
Das interessante an dem WoW-Brettspiel ist, dass die Entwickler wirklich versucht haben, möglichst alle Details aus der Computerspielvorlage zu übernehmen, seien es nun Zaubersprüche, seien es Talente oder Ausrüstungsteile. Jemand, der das MMORPG kennt, wird sich beim Board Game sofort heimisch fühlen. Im Falle unseres Probespiels hieß das beispielsweise, dass der Jäger über verschiedene Tier-Pets verfügt, der Hexenmeister entsprechend seiner Klasse Dämonen-Begleiter beschwören kann, Magier per Schafverwandlung Gegner außer Gefecht setzen und Druiden in der Lage sind, sich eine Tierform zu geben.
Das Spiel selbst entwickelte sich trotz der "Doppelbelastung" überraschend gut und verlief vor allem angenehm zügig, denn durch die Kontrolle der beiden Charaktere wurden Längen aus dem Spiel genommen, die mit 4 oder mehr Spielern deutlicher zu Tage treten. Trotzdem verbrachten wir ungefähr fünf jeweils kurze Abende damit, den Sieg für die eigene Fraktion zu erringen -- was letztlich in einem PvP-Kampf mündete, der mir den Sieg brachte *hehe*.
Runde drei: Jetzt wird's ernst
Nun konnte es zum Ernstfall übergehen: Eine Runde mit insgesamt sechs Teilnehmern wurde geplant. Das World of Warcraft Brettspiel lässt zwar 2 oder 4 Spieler zu, aber die Zweier-Party hat gezeigt: Wer das Spiel ernsthaft in Angriff nehmen möchte, sollte noch vier weitere Spieler mit ins Boot holen.
Mit sechs Teilnehmern sind natürlich die allerbesten Voraussetzungen gegeben, um einen echt spaßigen Abend zu erleben und so bildeten wir zwei Teams: 3 vs. 3, Horde vs. Allianz -- im Mixed-Triple (eben geschlechtlich bunt gemischt).
Bild 3: Die Horde-Fraktion am Tüfteln und Auswürfeln *g*
Für mich eher ungewöhnlich (bin doch "Shammy by Nature" *g*) wählte ich einen standfesten Ork Krieger, während Sonja als Priesterin für mein Überleben und ein Andi als Magier für genug Damage-Output sorgen sollten. Für unsere Gegner mit ihrer Paladin-, Schurken- und Druiden-Combo hatten wir natürlich nur ein müdes Lächeln übrig, als der Run auf die Questen begann.
Schatten des Krieges
Um eines gleich vorwegzunehmen: Für die 6-Spieler-Partie hatte ich bereits die Erweiterung Schatten des Krieges integriert, die neben einer Unmenge neuer Talente, Ausrüstungsgegenstände und Questen auch einige sinnvolle Regelverbesserungen mit sich bringt.
Um die Spielmechanik des World of Warcraft-Brettspiels besser zu verstehen, ist es zudem wichtig zu wissen, dass jede Fraktion über fünf permanent laufende Questen verfügt, die der Hauptlieferant für Erfahrungspunkte und Items sind, mit denen sich die Spielfiguren signifikant aufwerten lassen.
Dabei läuft die Vorgehensweise wie folgt ab: Wurde eine Quest beendet, erhalten alle daran Beteiligten (Gruppenspiel wird gefördert!) Erfahrungspunkte, Loot und Gold. Die Menge an EXPs und Gold, die jedes Gruppenmitglied erhält, wird durch die Anzahl der Teilnehmer des Kampfes geteilt. Gegenstände hingegen dürfen frei nach dem "Bedarfs"-Prinzip verteilt und bei einem Stadtbesuch sogar gegen gutes Geld wieder verkauft werden. Eine beendete Quest zieht sofort eine neue Quest nach sich (eben fünf permanent laufende Aufgaben), die in ihrem Schwierigkeitsgrad ausgewählt werden darf: Grün, Gelb, Rot (= am schwierigsten) sind hierbei die Abstufungen. Umso schwieriger eine Quest, umso größer der Lohn der Mühe, aber umso wahrscheinlicher auch die Tatsache, dass der Gegner nicht allein bezwungen werden kann. Und so ist es im Prinzip Usus, dass die meisten Spieler stets als Gruppe durch Azeroth ziehen.
Ding! Level Up!
Wer ein Level aufsteigt, darf sich nicht nur seine Lebens- und Manapunkte erhöhen, sondern hat auch die Qual der Wahl, denn jedes Level Up bringt auch ein dauerhaftes Talent ins Spiel, das sich der Halter des Charakters unter seine Figurenmappe schieben darf. Darüber hinaus bringt ein Stufenanstieg natürlich auch die Möglichkeit, die lieb gewonnene Figur mit mächtigeren Zaubersprüche oder Fähigkeiten stark aufzuwerten. Besonders in höheren Stufen ergeben sich Kombos aus Spells und Talenten, die es wirklich in sich haben.
Die Questen sind dabei recht simpel aufgebaut: In der Regel enthält eine Aufgabenkarte eine Angabe über das Kampfgebiet und die Anzahl und Art der Monster, die sich auf dem Gebiet befinden. Obligatorisch und am allerwichtigsten sind logischerweise die Details über die Belohnung, die die Lösung einer Quest mit sich bringt *g*.
Was dann folgt, ist ebenfalls obligatorisch: Den besagten Ort aufsuchen, Gegner um die Ecke bringen und sich über die Beute freuen. Erfahrungspunkte gibt es dabei interessanterweise nicht für das Bezwingen der Gegner, sondern eben nur für das Lösen einer Quest. Einzige Ausnahme: Wer die bereits angesprochene Erweiterung Schatten des Krieges besitzt, darf für neutrale Gegner Erfahrungspunkte einstreichen.
Bild 4: Mobs bevölkern nach und nach die Gebiete des Spielbretts
Der Spielverlauf zwischen den beiden Parteien verläuft parallel und kreuzt sich eher selten. Der Grund hierfür ist die Tatsache, dass Questen stets separiert sind, das heißt: Allianzler können keine Horden-Aufgaben erledigen und umgekehrt gilt genau das gleiche. Zwar ist es laut Spielregeln durchaus möglich, einen PvP-Kampf zu inszenieren, aber das geschieht in der Regel eher selten, weil es hierfür auch keine echten Anreize im Sinne von Loot und Erfahrungspunkten gibt. Zudem tickt unweigerlich die Zeit gegen die Spielteilnehmer, denn: Nach 30 Runden (also 15 Runden pro Fraktion) ist das Spiel unweigerlich beendet und ein alles entscheidender PvP-Kampf steht dann ohnehin bevor.
Wer es ist gar nicht so weit kommen lassen möchte, versucht lieber, das eigentliche Ziel des Brettspiels zu meistern, nämlich einen von den drei Oberbossen (etwa der bekannte Nefarian aus dem Dungeon Blackwing Lair) zu besiegen. Diese sind in der Regel allerdings so mächtig, dass die Recken einer Fraktion lieber die Maximalstufe 5 erreicht haben sollten, um sich ihres Sieges gewiss zu sein.
Sothi urteilt:
Das World of Warcraft Brettspiel ist in Sachen Ausstattung -- sowohl was die Vielfalt, als auch die Qualität der Materialien und des Brettspiels angeht, eine echte Klasse für sich. Entsprechend üppig ist auch der Preis von gut 60 Euro. Trotzdem: Wer Brettspielliebhaber ist, legt jeden einzelnen Euro ob der imposanten Verarbeitung bestens an.
Spielerisch gibt es durchaus Kritikpunkte: So agieren die beiden Fraktionen prinzipiell eher nebeneinander als gegeneinander. Ein richtiger Konflikt zwischen Horde und Allianz bricht maximal in den PvP-Kämpfen aus -- und die sind höchstens punktuell gestreut. Ein weiteres Manko kristallisiert sich bei den Wartezeiten heraus, denn bis eine Seite mit ihrem Zug endlich fertig ist, darf die gegnerische Gruppe großzügig Däumchen drehen. Aber auch dieses Bild relativiert sich etwas in Anbetracht der Tatsache, dass das Brettspiel dermaßen viele Fähigkeiten, Zaubersprüche und Talente in die Runde wirft, dass jede Seite in ihrer Ruhephase ganz gut damit beschäftigt ist, sich überhaupt erst mal darüber im Klaren zu werden, wie die Charakterentwicklung denn nun eigentlich weitergehen soll.
Gerade durch diese Komplexität macht das WoW-Brettspiel trotz der angesprochenen Kritikpunkte einen irren Spaß. Wer Blizzards MMORPG schon einmal gespielt hat, fühlt sich augenblicklich heimisch und wer auch nur ein kleines Faible für Fantasy-Rollenspiele besitzt, kann in dem Wust von Möglichkeiten geradezu grandios aufgehen.
Dass man trotzdem nie den Überblick verliert und mit dem fairen Kampfsystem, das dem Spieler mitunter zwei Hände voller Würfel beschert, trotzdem gut zurecht kommt, ist auch der sehr einleuchtenden und übersichtlichen Anleitung geschuldet, die in meinen Augen ein Vorbild für so manch andere Brettspiele komplexerer Art darstellen sollte.
Fazit: Ein nicht ganz perfektes Spiel, das aber aufgrund der üppigen Ausstattung, der komplexen Möglichkeiten und der Liebe zum Detail nicht nur eine Augenweide, sondern ein Brettspiel für einen langen und spaßigen Spielabend ist. Absoluter Kauftipp für Brettspielliebhaber!
Preise und Kaufmöglichkeiten:
Derzeit ist das World of Warcraft Brettspiel für knapp 63 Euro bei Amazon erhältlich. Auch wenn das auf den ersten Blick viel erscheint, geht das Preis/Leistungs-Verhältnis absolut in Ordnung:
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Die Erweiterung Schatten des Krieges gibt es deutlich günstiger für derzeit nicht mal 20 Euro. Der Inhalt besteht im Wesentlichen aus jeder Menge neuer Loot-, Quest-, Zauberspruch- und Talentkarten. Durch die sinnvollen Regelerweiterungen sollten Spieler, die am Original gefallen haben, schnell zur Erweiterung greifen:
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