Temple of Apshai
Schon mal von Automated Simulations gehört? Nein? Ich auch nicht. Zumindest nicht bevor ich die Recherche aufnahm und es mir dann irgendwann wie Schuppen von den Augen fiel: Unter dem sperrigen Begriff firmierte einst Epyx, und die dürften Retroianern vor allem für Winter- Summer- und California Games bekannt sein.

Es wäre möglich, dass Temple of Apshai (gesprochen: Äbschei) meine allererste Computerrollenspiel-Erinnerung ist. Zumindest erhaschte ich in sehr jungen Jahren einen Blick auf die Atari ST-Version meines Onkels, welche mich zwar nicht zum Spielen animierte, aber immerhin einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen haben muss. Was zugleich interessant, aber auch erschreckend ist: Ich kann mir diesen Eindruck heute beim Besten willen nicht mehr erklären. Von den vielen CRPGs, die ich in diesen jungen Jahren des Genres ausprobiert habe, gehört Temple of Apshai mit Sicherheit zu den eher schwächeren Vertretern seiner Zunft.

Aber der Reihe nach: Temple of Apshai ist in Wirklichkeit Teil einer ganzen Serie von Rollenspielen, die unter der Überschrift Dunjonquest das Licht der Spielwelt erblickten. Relevant sind aber nur drei Titel: Temple of Apshai und dessen Erweiterungen Upper Reaches of Apshai und Curse of Ra, die zusammen die Temple of Apshai-Trilogie bilden und Jahre später als Bundle zusammenfasst für alle möglichen Systeme portiert wurde.

Das Urspiel hingegen feierte Ende der 70er-Jahre unter anderem auf dem Commodore PET seine Geburt und gilt als eines der ersten kommerziellen CRPGs überhaupt. Bis Mitte 1982 werden immerhin 30 000 Kopien des Spiels abgesetzt. Zum Vergleich: Das damals schon legendäre Wizardry 1 kommt in einem ähnlichen Zeitraum auf 24 000 Exemplare. Akalabeth, das den Startschuss zur Ultima-Reihe bildet, auf 30 000 verkaufte Titel.

Dabei ist das von Epyx-Gründer Jim Conelley entwickelte Rollenspiel spielerisch ziemlich bieder: Story? Öhm. Sinn der Unternehmung? Fehlanzeige. Es ist, wie für die damalige Zeit üblich, als reiner Hack&Slay-Titel konzipiert und zelebriert selbst diesen Einzelaspekt nicht besonders gut. So gibt es zwar sechs Charakterwerte, doch die sieht man während des Spielens nicht. Auch Erfahrungpunkte oder eine Levelanzeige fehlen gänzlich. Mehr noch: Wer seinen Charakter anfangs erstellt oder auch nur weiterspielen möchte, kann frei wählbar sämtliche Charakterwerte in unendliche Höhen treiben. Es stellt sich unweigerlich die Frage nach der Sinnhaftigkeit, sich durch Monsterhorden zu kämpfen, wenn das Spiel diese Mechanik nicht im Geringsten zu honorieren scheint.

Dabei hat der Titel einige prima Ideen im Gepäck: Während Akalabeth und spätere Ultimas lediglich eine Standardattacke für den Nahkampf bieten, darf der Spieler in Temple of Apshai immerhin zustechen und parieren, Tränke einwerfen und natürlich Fernkampf betreiben. Neben den Hitpoints etabliert das Spiel zusätzlich ein Ausdauersystem. Und wer Glück hat, kann Monster auch bequatschen und so einen Kampf umgehen.

Bevor wir in den Tempel geschickt werden, dürfen wir uns zudem bei einem Händler mit Ausrüstung eindecken -- ein Feature, das viele Spieler schmerzlich bei dem ähnlich konzipierten Telengard schmerzlich vermissen. Und auch das ist revolutionär: Um mehr Rollenspiel-Atmosphäre in das Spiel zu bringen (oder einen Kopierschutz zu etablieren), findet sich im Apshai-Handbuch zu den meisten Räumen eine detaillierte Beschreibung -- was in dieser Form erst Jahre später wieder in den SSI Goldbox-Spielen auftaucht.

Als Trilogie kommt das Spiel auf satte 12 Dungeon mit über 500 Räumen. Wer demnach Spaß daran hat, auf ewig Monster zu schlachten und dabei ein klein wenig Rollenspiel zu betreiben, kann sich lange beschäftigen. Nur das, und soviel sagt mir meine Erinnerung noch, scheint mich nicht zum Spielen motiviert zu haben. Und wisst ihr was: in diesem Punkt kann ich mein jüngeres Ich sehr gut verstehen.

2 responses to "CRPG-Archiv: Temple of Apshai Trilogy"

  1. Gefällt mir sehr.
    Aber, beim Ultima II Video erklärst du schön, wie furchtbar die Farben aussehen. Spiels doch mal mit einem composite Monitor.
    Hier ist ein Wikipedia Artikel mit Erklärung und dem Ultima II Titelbild
    https://en.m.wikipedia.org/wiki/Composite_artifact_colors#
    Da ist sogar der Drache grün und seine Zunge rot.
    Und hier gibt es auch eine ganz tolle Erklärung warum CGA gar nicht scheisse aussehen muss.
    https://www.youtube.com/watch?v=niKblgZupOc
    Dosbox kann den composite Modus wohl auch emulieren, frag mich bloß nicht wie.

  2. Das ist wirklich total beeindruckend. Hätte ich nicht für möglich gehalten, wobei mir schon bisweilen aufgefallen ist, dass die Grafiken in manchen Tests von damals anders aussahen als das was ich dann bei der DOSBOX-Version sah. Kann also schon damit zusammenhängen. Werde versuchen das in meinen zukünftigen Aussagen zu berücksichtigen.

    In dem Video wird aber auch erklärt, dass Composite ein Schärfe-Problem hat, Schriften lassen sich da nicht sonderlich gut erkennen. Ich denke aber ausgerechnet das ist natürlich bei einem Rollenspiel fatal.

    Von daher: Sehr interessant, aber ich bin froh wenn wir dann irgendwann aus der CGA-Ära rauskommen und langsam Richtung EGA/VGA gehen. Und an der vorgefertigten DOSBOX-Config mag/kann ich gar nichts ändern -- das ist mir den Aufwand ehrlich gesagt nicht wert.