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Wenn sich eine langjährige Traditionsserie langsam, aber stetig in Richtung Unbedeutsamkeit entwickelt, blutet nicht nur altgedienten Fans das Herz. Die Siedler-Reihe ist so ein Fall: Begonnen als großartiges Amiga-Spiel, das Innovation und hervorragendes Gameplay in perfekter Weise miteinander zu verbinden verstand -- geendet in einem Jammertal, in dem sich jeglicher Versuch, neue Konzepte und den typische Siedler-Charme unter einen Hut zu bringen, als unvereinbar erwies.
Wen wundert es da, dass der Entwickler Blue Byte mehrheitlich Mitleidsbekundungen erntete, als ein siebter Teil angekündigt wurde, der mal wieder alles auf den Kopf stellen sollte: Mit neuem Siegpunktesystem am Start wollte sich die Serie abermals neu erfinden. Zu diesem Zeitpunkt hätte niemand auch nur einen Cent darauf verwettet, dass das neue “Siedler” der Anno-Reihe, dem schier übermächtigen Konkurrenten aus eigenen Hause, annähernd gefährlich werden könnte. Eins möchte ich bereits vor meinem Fazit vorausschicken: Sie alle (inklusive meiner Person) haben sich im großen Stil getäuscht!
Das neue Siedler: Schöner, dynamischer, wuseliger – und besser!
Bevor Blue Byte mit Echtzeitstrategieallüren und weichgespülten Schwierigkeitsgrad dafür sorgte, dass sich selbst eingefleischte Fans von den Siedlern abwandten, zeichnete sich die Reihe durch Wuselgrafik, fordernde Warenkreisläufe und der Optimierung derselben aus – gemeinhin gilt Die Siedler 2 und dessen Neuauflage Die Nächste Generation als beliebtester Teile der Reihe. Und Blue Byte tat gut daran, sich diesen Umstand bewusst zu machen.
Zwar wirkt auch Die Siedler 7 auf den ersten Blick ein wenig in den wirtschaftlichen Möglichkeiten beschränkt – etwa weil der Straßenbau etwas entschlackt wurde und beispielsweise keine Steigungen und Fähnchen-Knotenpunkte mehr kennt. Oder auch deshalb, weil Gebäudegruppen nun jeweils zusammengehören: So wird für die gängige Kombination Holzfäller, Sägewerk und Förster ein Forsthaus-Haupthaus benötigt, an das sich bis zu drei dieser Gebäude andocken lassen.
Doch das täuscht: Sicher, der Entwickler erschlägt den Spieler im Baumenü nicht mehr mit unzähligen Gebäuden, verwehrt ihm andrerseits aber auch nicht die liebgewonnene Komplexität der ersten Teile: Holzfäller entfernen noch immer effizient den lokalen Baumbewuchs, bringen die Stämme brav in das angrenzende Lagerhaus, welche wiederum das örtliche Sägewerk (und jede Menge andere Arbeitsgebäude) bedient. Und damit die Flora und Fauna nicht komplett ausstirbt, bepflanzt der Förster langsam aber stetig die freien Stellen im Umfeld. Die erst mit Siedler 3 eingeführte Möglichkeit, Wirkungsgebiete für An- und Abbauende Gebäude zu definieren, wurde dankenswerterweise im siebten Teil wieder ins Gamedesign aufgenommen.
Hört sich alles sehr nach den Siedlern an, das wir kennen? Stimmt! Hinzu kommt noch, dass sich Blue Byte endlich wieder ein Herz gefasst hat und das Spiel genau mit jenen putzigen Animationen versehen hat, die wir alle so lieben: Wenn die Brauerei oder der Münzpräger ihrem Tagewerk nachgehen, ist es einfach eine wahre Pracht an das Spiel heranzuzoomen und dem Treiben zuzuschauen – ein Umstand, der an gute alte Zeiten erinnert.
Forschen, Handeln, Questen und Siegpunkte einfahren
Insgesamt lässt das Gebäudeportfolio kaum einen Wunsch bei Aufbaustrategen offen und setzt gegenüber den Traditionsteilen der Serie sogar noch einen drauf: Ab jetzt sind ein Forschungsbaum und ein Handelsnetzwerk fester Bestandteil des Gameplays.
Mittels einer Kirche lassen sich bis zu drei Stufen an Priestern ausbilden, die auf Forschungsmissionen geschickt werden können – umso wertvoller eine Technologie, umso mehr und umso höherwertige Priester müssen auf die Reise geschickt werden. Gleiches gilt für die Handelsposten, die wir via Handelshaus freischalten können, um etwa Steine gegen Gold, Gold gegen Eisen oder unzählige andere Kombinationen zu tauschen.
Doch Vorsicht: Hier kommt es auf Geschwindigkeit an, denn nur derjenige, der eine Technologie zuerst erforscht, darf diese auch nutzen – alle anderen Mitspieler gehen leer aus. Zwar kann man sich im Forschungsbaum gegenseitig überbieten, aber jedes Gebot erfordert mehr Mönche. Spaßig wird’s deshalb vor allem im Mehrspielermodus: Wenn ein Spieler seine Mönche auf den Jakobsweg schickt und die Gegner hektisch damit beschäftigt sind, sich gegenseitig zu überbieten, kommt richtig Laune auf.
Und dass Mönche und Co. noch deutlich vielfältiger eingesetzt werden können, etwa um Sektoren zu erobern oder Questen zu erfüllen, macht Die Siedler 7 so unglaublich vielschichtig. Anders als noch beim zweiten, dritten oder vierten Teil der Serie ist die Wirtschaft nämlich nicht nur Mittel zum Zweck – zum Aufbau einer Armee, um den Gegner dann am Ende noch Schema F in den Boden zu stampfen. Nein, hier spielen ganz andere Faktoren eine Rolle zum Sieg, welche sich in den so genannten Siegpunkten manifestieren.
Gewonnen haben wir erst dann ein Match, wenn wir eine vorgegebene Anzahl an Siegpunkten erreicht haben, welche auf vielfältige Weise erworben werden können. So erhält etwa derjenige einen Siegpunkt, der am meisten Sektoren besitzt, ausgesprochen gut in der Forschung ist, spezielle Questen erfüllt hat, über eine besonders große Armee verfügt oder dessen Siedlung mehr Arbeiter beschäftigt als die der Mitspieler. Suma Sumarum gibt es rund 20 Siegpunktmöglichkeiten – was im Prinzip alle Spielertypen abdecken sollte.
Und es geht doch: Kampagnen in Aufbaustrategiespielen
Eine Kampagne mit Story und motivierenden, abwechslungsreichen Missionszielen unter einen Hut zu packen, galt lange Zeit als unmöglich – selbst das Missionsdesign von nachgewiesenen Aufbauschwergewichten vom Schlag eines Anno 1404 kamen nicht über den “Ja, ganz nett, aber doch lieber Endlosmodus”-Status hinaus. Mit Die Siedler 7 hat es Blue Byte erstmalig geschafft, eine toll verpackte Kampagne mit motivierenden Missionsdesign zu koppeln – eine Kombination, die dauerhaft an den Bildschirm fesselt.
Fazit:
Die Siedler 7 ist das beste Siedler aller Zeiten – auf diese Aussage lege ich mich fest! Selten habe ich ein Aufbaustrategiespiel erlebt, das so dynamisch auf den Spielverlauf reagiert – und dem Spieler dermaßen viele Möglichkeiten gibt, ein Match für sich zu entscheiden. Endlich wieder hat es Blue Byte geschafft, den traditionsreichen Aufbaupart so umzusetzen, wie es sich auf einen Siedler-Titel gehört – mit all dem Wuselfaktor und all den Warenkreisläufen, die wir so lieben. Zusätzlich, und das rechne ich den ehemaligen Mülheimern hoch an, wurde auch dem Endspiel eine Tiefe verliehen, die vorhergehenden Teilen gehörig abging: Jetzt steht nicht mehr nur das bloße Streben nach einer Armee und der zwangsläufigen Vernichtung der gegnerischen Siedlung im Vordergrund, nein, das Siegpunktsystem sorgt durchgehend dafür, dass jeder Typ entsprechend seinem Spielstil bedient wird – ein genialer Schachzug, der nicht von ungefähr an den Brettspielbruder erinnert. Hinzu kommt noch die höchst motivierende Kampagne, für die ich jedes Anno ohne mit der Wimper zu zucken links liegen lasse.
Kopierschutzwehen
Wenn es einen Grund gibt, mit den neuen Siedlern zu hadern, dann ist es Ubi Softs kundenfeindlicher Kopierschutz, der mich in den letzten Wochen zweimal für einige Stunden aus dem Spiel ausschloss. Das ist ärgerlich, das ist eine Frechheit – aber es mindert den Spielspaß, den man mit dem Spiel hat um kein Prozent. Deshalb muss jeder für sich selbst entscheiden: Boykott oder Siedeln – ich habe mich für Letzteres entschieden und es nie bereut.
Das mit dem Kopierschutz ist schon eine Sauerei. Gut, auch wenn die meisten PC-Besitzer mittlerweile auch Internetzugang besitzen, heißt das noch lange nicht, dass auch überall schnelles und kostengünstiges Internet verfügbar ist.
Tatsächlich gibt es noch viele Gegenden ohne DSL. Und was machen die? Die kompletten Spielsessions mit dem Modem und teuren Telefongebühren online gehen (und nebenbei noch die Telefonleitung blockieren)?
Und was mache ich, wenn ich mit dem Laptop unterwegs bin und gerne spielen würde, aber kein Internetzugang verfügbar ist?
Der eingesetzte Kopierschutz ist etwas für die Zukunft. In 5 Jahren wird es auf der technischen Seite sicherlich anders aussehen. Aber bis dahin finde ich es einfach eine Frechheit, einen Teil (egal wie groß) der Spielerschaft auszuschliessen.
Ich stimme dir vollkommen zu, dennoch hab ich auch irrsinniges Mitleid mit den Entwicklern, die genau aufgrund solcher Probleme einem (sicher bedeutenden) Teil der Spielerschaft ihr Produkt nicht näherbringen können -- und das ist im Fall von Siedler 7 eben sehr tragisch.
Ich habe vor ein paar Wochen die Siedler 7 Demo gespielt. Leider plagte mich ein Grafikbug?, der die Karte bei einer bestimmten Kameraposition immer abdunkelte. Das hat mich beim Spielen so stark gestört, dass ich einfach wieder ausgemacht habe.
Am meisten stört mich einfach der Internetzwang. Ich habe ein Offline Singleplayerspiel erwartet, muss aber zwangsläufig mit dem Internet verbunden sein. Die Online Hilfe durch die Community habe ich Ingame vergebens gesucht.
So schön Siedler 7 auch sein mag, ich stehe nicht auf solche Kopierschutzmaßnahmen und greife daher lieber zu Siedler 2 und 3.
Siedler 6 fand ich auch noch gut, leider enttäuschte mich die sehr knapp begrenzte Siedleranzahl gewaltig.
Grafikbugs hatte ich keine zu verzeichnen, allerdings braucht man für das Spiel schon einen recht flotten Prozessor, sonst kommt es im späteren Spielverlauf zu gelegentlichen Rucklern.
Und zum Kopierschutzsystem kann ich nur noch hinzufügen, dass ich jeden verstehe, der es aus den bekannten Gründen ablehnt, Siedler 7 zu erwerben.