In einem Punkt sind sich die Computer- und Videospielmedien scheinbar einig: 2012 ist angeblich das Spielejahr überhaupt. Schon wird bezweifelt, dass kommende Jahrgänge in der Lage sind, in die schier übergroßen Fußstapfen zu treten, die 2012 hinterlassen hat. Und irgendwie stehe ich wie ein Außenstehender am Rand des Geschehens und reibe verwundert die Augen? Großartiges Spielejahr? Nicht mehr zu toppen? Mag sein, gilt aber nicht für mich. Irgendwie sind die meisten großen AAA-Titel spurlos an mir vorbeigegangen – Produktionen wie Guild Wars 2, Darksiders 2, Max Payne 3, Assassins Creed 3 (merkt ihr’s: alles Fortsetzungen) – ja sogar Strategietitel wie Anno 2070 oder XCOM haben mit weitgehend kalt gelassen. Vielleicht auch deshalb, weil ich eher auf der Suche nach innovativen und leicht zugänglichen Ideen war – und hier bin ich tatsächlich fast nur bei den Independent-Spielen fündig geworden. Sothis Top Five 2012 Platz 1: Legend of Grimrock (PC) Und da ist sie auch schon, die erste große Überraschung des Weihnachtsspezials 2012. Legend of Grimrock also? Warum ausgerechnet ein 15 Euro-Titel auf Platz 1? Ich will es euch sagen: Das Spiel hat speziell für mich alles richtig gemacht: Zum einen ist es eine Dungeon Master-Adaption, ja fast schon ein Remake zu einem der großartigsten Spiele, das die Entwicklerstudios je zur Welt gebracht haben. Das allein hätte schon für Platz 1 reichen können, denn in dieser Beziehung bin ich einfach ein hoffnungsloser Fanboy. Hinzu kommt aber, dass Almost Human im Detail so gut wie alles richtig gemacht hat: Das Spiel sieht großartig aus, steuert sich exzellent, bietet knackige Rätsel, eine tolle Monstervielfalt und dünstet somit unterm Strich aus jeder Pore den puren Dungeon Crawler-Geist aus. Wer es hardcore mag, darf Karopapier zur Hand nehmen – allen anderen lassen die Entwickler sogar die Wahl einer Automap. Wenn man dieses (sehr spezielle) Genre liebt, muss man einfach zugeben: Viel besser hätten die Finnen nicht arbeiten können. Platz 2: Diablo 3 (PC) Ein AAA-Titel hat’s dann doch in meine Top 5 geschafft. Ausgerechnet Diablo 3. Das Vielgescholtene, das Verstoßene, das Niedergemachte. Und ja, alle haben Recht: Diablo 3 ist nicht DIE BOMBE, die es hätte sein sollen. Und ja, das Auktionshaus ist blöd und die Itemdrops mit den unbrauchbaren legendären Ausrüstungen hat auch mich zur Weißglut gebracht. Aber wisst ihr was? Ich hab’s knapp 2x durchgespielt und in dieser Zeit habe ich mich prächtig amüsiert. Habe mit Genuss die tollen Zwischensequenzen in mich eingesogen, habe den sehr gut gemachten Multiplayermodus genossen, habe mich an der (wider Erwarten) sehr schönen Grafik ergötzt und konnte mich auch letztlich mit dem fehlenden Skilltree arrangieren. Ja, auch bei mir hat Blizzard an Reputation verloren, aber selbst die beste Alternative, Torchlight 2, kommt für mich nicht an den Primus ran und deshalb: Platz 2 für dieses Jahr. Platz 3: FTL / Faster Than Light (PC) Gnihihi, es macht geradezu diebischen Spaß den AAA-Titeln dieses Jahrgangs in den Arsch zu treten und ihnen ein Produkt wie FTL vor die Nase zu setzen. Wie einige von euch sicherlich wissen ist FTL einer der wenigen Spiele, die bereits aus einer erfolgreichen Kickstarter-Crowdfunding-Aktion entstiegen sind. Und obschon ich damals keiner der so genannten Backer war, bin ich überaus froh, die 12 Euro im Nachhinein ausgegeben zu haben. Es ist schwierig zu beschreiben, was FTL eigentlich genau ist – nur eines ist es sicherlich nicht (auch wenn es Allerorten behauptet wird): ein Roguelike. Vielmehr würde ich es als Echtzeitstrategiespiel mit Pausefunktion bezeichnen. Oder ein Taktikspiel mit Rollenspielelementen. Auf jeden Fall braucht man etwas Köpfchen, eine Portion Glück und einen Retro-Faible, denn FTL sieht nicht nur anachronistisch aus, sondern lässt auch einen sehr chilligen Chiptune-Soundtrack vom Stapel, der das Commodore-Herz höher schlagen lässt. Platz 4: Mortal Kombat (PS3) Nachdem die Reboot-Unsitte dazu führt, dass Spieleserien mit ihrer Zählung wieder bei null beginnen, ist es mir ohne Google schier unmöglich zu bestimmen, welches Mortal Kombat wir hier vorliegen haben. Aber unabhängig davon weiß ich eines genau: Es ist das beste Mortal Kombat, das bislang das Licht der Welt erblickt hat. Hier stimmt einfach alles: Von der bombastischen Auswahl der Kämpfer, über die sehr ansehnliche grafische Präsentation (die witzigerweise aus dem vielgescholtenen Mortal Kombat vs. DC Universe übernommen wurde – teils sogar mit identischen Animationen) hin zur megalangen Kampagne (!) und einem eingängigen Steuerungskonzept, das besonders spektakuläre Aktionen (X-RAY!) auch ohne Affengriff in die Wege leitet. Anders ausgedrückt: Das perfekte Multiplayerspiel für eine Gruppe angetrunkener männlicher Humanoiden mittleren Alters und eine der wenigen Gründe 2012, meine Konsole anzuschmeißen. Platz 5: DayZ (PC) DayZ in meine Top 5 aufzunehmen war ein innerer Kampf, der lange wütete. Und zwar deshalb, weil diese Modifikation eine spielerische Katastrophe ist. Das mag dem ohnehin schon desolaten Unterbau Arma 2 geschuldet sein, doch so oder so steht eines fest: Die Steuerung ist eine der größten Todsünden, die die Spiele-Industrie je auf die Menschheit losgelassen hat. Dazu kommen Bugs ohne Ende, Cheater, Serverprobleme, schier endlose Ladezeiten, Permadeath und viele weitere Unannehmlichkeiten, die das Haareraufen zum Volkssport machen könnten. Und dennoch: Platz 5. Und das aus einem einzigen Grund: DayZ hat mir seit langer Zeit mal wieder ein neues, einzigartiges Multiplayer-Spielgefühl vermittelt. Eines, dem das MMO-Genre schon seit langer Zeit hinterherhechelt. Ich glaube, ich habe mich seit Meridian 59 (vielleicht ein doofer Vergleich, aber das Spielgefühl war für mich das Gleiche) nicht mehr so verletzlich, so ahnungslos, aber auch gleichzeitig so frei gefühlt wie in DayZ. Selten war mein Erkundungsdrang höher, selten habe ich trotz vieler Rückschläge so motiviert gefühlt, mehr von dieser morbiden, zombieverseuchten Welt zu entdecken, mich irgendwie zu verbessern – oder besser gesagt: einfach zu überleben. Irgendwann kommt man dann allerdings an den Punkt, an dem Überleben nicht mehr reicht. Da fragt man sich dann doch, was man mit dem tollen Gewehr, der GPS-Map, dem Kompass, dem Feldstecher und mit den vielen anderen Gegenständen macht, wenn man eigentlich nur im Gras liegt, damit man von keinem anderen Spieler, der auf den Kram scharf ist, abgemurkst wird. Wer nicht im Gras versauern möchte, macht das Einzige, das bleibt: Eine Karriere als Playerkiller. Anstatt sich in dieser Apokalypse gegenseitig zu helfen, knallt man sich also unreflektiert ab. Weil es kein wirkliches Endgame gibt. Und das ist der Punkt, dem man DayZ letztlich vorwerfen muss: Nicht die schreckliche Grafik oder die grenzdebile Steuerung, sondern das Fehlen eines höheren Spielziels. Enttäuschung 2012: Sony Entertainment Was erlaube Sony? Ich könnt‘ mich aufregen. Ich könnt‘ mich ärgern. Doch was soll’s? Was bringt’s? Eben: Nichts! Fakt ist aber: Sony oder besser gesagt: Sonys Manager oder Marketingabteilung – wer auch immer, haben es einfach verkackt. Ich kann die Anhäufung an strategischen Fehlentscheidungen, die das Management in Bezug auf neue Spiele-Entertainment-Produkte getroffen hat, mittlerweile nicht mehr nachvollziehen. Und besonders 2012 ist wieder so ein Katastrophenjahr. Wo fange ich an? Am besten bei der PS Vita. Ich will es mal so ausdrücken: Da setzen sich fähige Ingenieure hin und bauen ein Handheld, das jedem anderen mobilen Spielegerät um Lichtjahre voraus ist. Mit unglaublich vielen Eingabemöglichkeiten, mit richtig viel Power unterm Arsch, einem geilen Bildschirm und allem schnick schnack – und dann das: Irgendein irrer Manager bei Sony ist der Meinung, dass das Gerät nur und ausschließlich mit ultrateuren, ultraproprietären Speicherkarten funktionieren muss. Es reicht ja nicht, dass Sony schon ein halbwegs etabliertes proprietäres Speicherkartenformat (Memory Stick, anyone?) verwendet, nein, man muss noch eins obendrauf setzen. Warum? Wozu? Geld scheffeln auf Kosten des Vita-Erfolgs? War das der Plan? Wenn ja, dann Gratulation: Ist vollkommen gelungen! Denn wer durch den teuren Anschaffungspreis der Vita nicht eh schon abgeschreckt war (das will ich gar nicht mal verurteilen – gute Technik kostet halt auch Geld), war spätestens im Bundle mit den Speicherkarten vollständig bedient. Hinzu kommt noch ein Spiele-Lineup zum Vita-Start, das für den asiatischen Raum (der halt nicht ganz unwichtig ist) problematisch war und bis auf wenige Ausnahmen (wie Uncharted) auch im westlichen Raum eher für gerümpfte Nasen sorgte. Unterm Strich eine echt schwache Produktmanager-Performance für eine an für sich außerordentliche gute mobile Konsole. Und auch wenn Sony nun mit viel Mühe versucht, die Vita mit PSN+ und marginalen Preissenkungen auf Kurs zu bringen, ist meiner Ansicht nach der Zug abgefahren. Das hätte man alles anders haben können. Eigentlich sollte ich an der Stelle nun zum Ende kommen, aber eine Sache brennt mir noch auf der Seele, denn wenn Sony etwas falsch macht, dann richtig: Ein weiterer Fauxpas 2012 hört auf den schönen Namen PS3 Super-Slim. Was daran so super sein soll, weiß allerdings nur Sony alleine. Grundsätzlich: Es ist ja nun nicht so, dass Sony Weltmarktführer in Sachen Konsolen ist, so wie zu PS2-Zeiten. Nein, man hat mit der Xbox schwer zu kämpfen (einer Konsole, die in den ersten Jahren, und da stehe ich noch immer zu, der PS3 in vielen Punkten haushoch unterlegen war) und liegt von den verkauften Einheiten in etwa gleich auf. Als nun die Super-Slim angekündigt wurde, dachte ich mir: Cool, die machen die PS3 nochmal kleiner, schnuckliger und billiger. Das könnte was zum Weihnachtsgeschäft werden. Und was treiben die Burschen? Machen eine ultrahässliche, billige Plastikkonsole aus der ehemals wirklich sehr schönen, hochwertigen PS3 Slim. Ersetzen das Slot-In-Laufwerk mit einem klapprigen Top Loader. Senken den Preis nicht, machen aber dafür eine 12 GB-Variante, die grade bei der PS3, die Installationen eigentlich voraussetzt, völliger Schwachsinn ist. Die nächsthöhere Variante hat dann aber gleich eine überdimensionierte 500 GB-Platte im Gepäck – dazwischen gibt’s nichts. Und das i-Tüpfelchen: Die Lautstärke des Geräts hat sich im Vergleich zum Vorgänger deutlich erhöht. Wenn das mal Volltreffer ist, liebes Sony Management, dann weiß ich es auch nicht mehr. Habe fertig. | |
Sehr gutes Special,
gefällt mir jedes Jahr bei dir :-)
Wenn's dir nichts ausmacht, erstelle ich eigenen entsprechenden Beitrag auch bei mir und verlinke den Artikel.
Ei ei ei, der Sothi macht ja c&p!? ;) :D
Der Text bei meiner Enttäuschung 2012 ist der von 2010 von Fuel.
Hier der eigentlich Text zu Ratchet & Clank: QForce:
Was um alles in der Welt hat sich Insomniac dabei gedacht aus Ratchet & Clank einen s****ß Tower Defense Klon zu machen? Ich habe mich so auf einen neuen, echten Teil gefreut und dann kommt so ein Schrott raus. Das darf ja wohl nicht wahr sein! Ich hab das Spiel noch nicht mal gespielt, geschweige denn gekauft, das wird auch nie der Fall sein. Da kauf ich mir lieber noch SpinOffs für die PS2 wie Size Matters oder Secret Agent Clank, bevor ich für so einen Tower Defense Müll 40€ ausgebe. Vielleicht hat Insomniac auch noch mal etwas Geld gebraucht um ein echtes R&C für die PS4 produzieren zu können. Ist mir aber auch egal. Für mich ist QForce einfach nur die Enttäuschung des Jahres.
Ich wünsche allen ein Frohes Fest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
@Mattes: Na klar, kannst du machen. Vielleicht hast du ja nächstes Jahr Bock, auch einer der Gastautoren zu sein?
@Druzil: Jajaja, mach mich halt fertig :) Habs verbessert.
Sothi, klar, würde ich gerne dann mitmachen :-)
Am besten vorher mir dann eine Erinnerung oder so schicken.