Alle Zeichen stehen auf RIFT – zumindest was mich angeht. Das ist umso verwunderlicher, als dass ich vor wenigen Wochen nicht einen Gedanken an ein MMORPG verschwendet habe, das in keinster Weise auf meiner Speiseliste für 2011 stand.
RIFT soll alles anders machen, als jedes Konkurrenz-MMORPG vorher, aber das sind Sprüche, die jeder Online-Rollenspieler inzwischen mit einem müden Lächeln abtut (Age of Conan, anyone?).
Grundpfeiler
Grundpfeiler, wir brauchen Grundpfeiler – wie Olli Kahn so schön zu sagen pflegte. Und dass diese stimmen müssen, ist bei einem MMORPG besonders wichtig, weil die ganze Geschichte sonst sehr leicht in eine epische Zeitverschwendung ausarten kann. Meine (ganz persönlichen) Grundpfeiler für einen erfolgreichen Titel müssen so aussehen:
- Gestärkter Rücken: Das Spiel braucht einen finanzstarken Publisher oder Auftraggeber im Hintergrund, der den Entwicklern Zeit gibt, den Titel so zu vollenden, dass zumindest die Grundvision funktioniert. Außerdem sind dann entsprechende Serverstrukturen und nachhaltiger Support gewährleistet.
- Kein Free-2-Play-Titel: Ich mag Free2Play-Titel nicht. Also so überhaupt nicht. Und warum? Weil sie das Gleichgerechtigkeitssystem über den Haufen werfen und, wenn man sie intensiv spielt, teurer kommen als eine monatliche Abo-Gebühr.
- Kein Asia-Grinder: Die MMORPG-Welt wird seit Jahren mit Titeln zugemüllt, die sich seit Lineage 2 wie ein Asia-Ei dem anderen gleichen. Das Grinding-Konzept, nach dem die einschlägigen Asia-Spiele funktionieren, ist auch spätestens seit jenem Lineage 2 überholt, aber seither folgen leider Jahr für Jahr die immer gleichen Spielkonzepte im immer gleichen Grafikstil. Ein Teufelskreis, der dank F2P-Mechanismen wie ein resistenter Virus in unserer schönen MMO-Welt die Runde macht.
- Lokalisierte Server: Ein Spiel, das über keine lokalen/lokalisierten Server verfügt, wird nie über eine ausreichend deutsche Community verfügen. Das mag nicht jedem missfallen, ist aber fatal für Personen, die gerne zu Zeiten spielen, in denen auch Nicht-Amerikaner unterwegs sind oder denen die Sprachbarriere zu hoch ist, um einigermaßen tiefgreifende Gespräche zu führen. Fehlende Lokalisation steht außerdem für den zweifelhaften Glauben an den Erfolg des Titels und/oder für fehlende Geldreserven, was wieder zu Punkt 1 führt.
- Keine WoW-Bunti-Grafik: Das ist jetzt ein ganz persönlicher Punkt, aber ich will kein MMORPG mehr spielen, das so aussieht wie WoW. Kein Runes of Magic, kein Warhammer Online und auch sonst nichts, das danach schmeckt. Ich möchte etwas, das ansatzweise den Anspruch auf Erwachsenenunterhaltung gerecht wird, ohne dabei zu einer Ruckelorgie zu mutieren (Age of Conan, anyone?).
So und jetzt die Preisfrage: Erfüllt RIFT all diese Anforderungen überhaupt? Was kann ich bis jetzt, als nicht Beta-Spieler, denn sagen?
Dieses:
Punkt 1 ist erfüllt: Ubisoft steckt hinter dem Spiel (und dem gesalzenen Preis von 50 Euro für den Client).
Punkt 2 ebenfalls: RIFT kostet die gängigen Abo-Gebühren.
Punkt 3 können wir auch abhaken: Amerikaner, die schon an Everquest gearbeitet haben, können gar nichts verkehrt machen (Vanguard, *hüstel*).
Punkt 4: Es gibt bereits eine deutschsprachige Community inklusive Betreuer, ein Start in Europa Anfang März ist inklusive lokalisierten Servern fest eingeplant.
Und Punkt 5: Das Spiel kann in Sachen Realismus nicht mit Age of Conan mithalten, ist aber auch kein World of Warcraft. Am ehesten würde ich es grafisch in Richtung AION einordnen.
Was sonst noch?
Das war die absolute Pflicht, was ist denn jetzt die Kür, die das Spielerlebnis ganz anders machen soll als bei der Konkurrenz? Die Entwickler sprechen von Rissen in der Spielwelt, die auftauchen und verschwinden und eine ständige Dynamik in das Spiel bringen.
RIFT soll sich also ständig ändern und mit ihm das Spielerlebnis jedes einzelnen Spielers. Als Nicht-Beta-Spieler kann ich das Spielspaß-Potential dieses Systems nicht einschätzen, aber es hört sich zumindest (wie alle Marketingversprechen), interessant an. Es gibt allerdings noch andere Punkte, die mir gefallen und sich auf harten Fakten stützen: So ist etwa das Klassensystem sehr weitläufig, was für eine gewisse Komplexität spricht.
Der Publisher-Punkt ist eine wichtige Sache. Ob UBI, die eher als klassischer Publisher Boxen über den Ladentisch schieben wollen die richtige Wahl ist muss die Zeit zeigen :)
Gerd
Hey Sothi,
erstaunlicherweise hat Ubisoft bei Siedler Online ganz schön gepatzt. Das Spiel ist Ende letzten Jahres permanent ausgefallen und war langsam ohne Ende. Das Ubisoft das nicht in den Griff bekommt hätte ich bei einem so großen Publisher nicht erwartet. Also so der mega Garant ist es nicht, wobei du dich auch auf die Deckung der Entwicklungskosten beziehst. Trotzdem zuckt seit dem mein rechtes Auge wenn ich "Ubisoft" und "MMO" in einem Satz höre. ;-)
Bzgl. Free2Play ist das auch so eine Sache. Es hat Vor- und Nachteile und falsch umgesetzt ist die Balance total im Eimer. Aus Publisher-Sicht ist es aber oft sinnvoll. Ein MMO muss schnell die kritische Masse erreichen und mit Abogebühren haben es bisher nur ganz wenige geschafft. Herr der Ringe Online hat es jedenfalls geholfen:
http://www.gameplorer.de/der-herr-der-ringe-online-verdreifacht-umsatz/
Trotz allem klingt RIFT absolut spannend und vielleicht, ja vielleicht setzt sich doch nochmal ein weiteres Abo-Spiel durch!
Grüße
Dennis
@Gameplorer: Die Siedler Online befindet sich noch in einer Beta-Phase. Und von Ubisoft wurde sehr oft angekündigt, dass die Server heruntergefahren werden um Wartungen durchzuführen und Fehler auszulesen. Von daher würde ich da jetzt nicht irgendwelche Rückschlüsse ziehen, ob Ubisoft als Publisher für ein MMO geeignet wäre.
Ubisoft hatte mal einige Zeit die Euro-Lizenz zu Everquest. Aus dieser Zeit kann ich eigentlich nur sagen, dass die Übersetzung nicht gerade das Gelbe vom Ei war, der Rest war schon ganz ok. Muss man halt mal schauen. Fakt ist aber: Steht ein Konzern mit Geld dahinter, steht ein MMOG schon auf ganz anderen Beinen als bei einer kleinen Klitsche, die Mortal Online oder so einen Käse auf den Markt wirft. Auch Funcom war mit Age of Conan scheinbar überfordert. Positives Gegenspiel wäre allerdings CCP Games, die Islander haben aus irgendeinem Grund alles richtig gemacht.
Die einzelnen Punkte sind für mich bei der MMO-Wahl eigentlich irrelevant. Pay2Play zählt nur eines: Es muss besser sein als WoW, sonst bleib ich beim Genre-König. Rift hab ich gestern kurz angespielt und bereits nach 10 Minuten wußte ich "das ist es nicht". Vielleicht schafft es Star Wars: TOR oder eben nächstes Jahr Guild Wars 2. Free2Play hat da schon eher Chancen, wenn die allgemeine Qualität stimmt. Siehe HdRO, dass mir letztes Jahr dann doch die eine oder andere Spielstunde abgeluchst hat, obwohl es mich an einzelnen Stellen ganz schön nervt.
@Virtex: Hast du Siedler Online probiert? Es ist mehrmals am Tag ausgefallen, war teilweise überhaupt nicht erreichbar, war lahm ohne Ende, etc. pp. Es war über Wochen wirklich unspielbar und das hatte nichts mit Wartungen zu tun.
Wobei es mir dabei auch nicht um die Qualität des Spiels geht, sondern um die Technik dahinter - und für MMOs ist das nun mal mindestens genauso wichtig, auch in einer Open-Beta.