Welches Gefühl entsteht, wenn man nichts erwartet und sich am Ende herausstellt, dass genau diese Erwartung in Erfüllung geht? Leere? Enttäuschung? Gleichgültigkeit?

Als der Abspann des neuesten Indiana Jones-Steifens über die Kinoleinwand flimmerte, war es ein Mix aus allen drei Elementen, gewürzt mit einer Prise Erstaunen. Erstaunen deshalb, weil es George Lucas wieder einmal geschafft hat, die Fortsetzung eines absoluten Kult-Franchises mit einem dermaßen trivialen Drehbuch zu füttern, dass selbst die neueren Star Wars-Verfilmungen wie tiefgründig inspirierte Meisterwerke modernen Storytellings wirken.

Von Erdhörnchen und anderen Belanglosigkeiten

Doch nicht nur Mr. Lucas lädt zur Verwunderung ein. Auch sein Gegenpart auf dem Regiestuhl weiß zu überraschen -- und damit meine ich keinesfalls eine Überraschung positiver Art. Spielbergs Regieleistung ähnelt eher einem Geburtstagsgeschenk, auf das man sich schon ewig freut und das nach dem Auspacken in einer grandiosen Enttäuschung ausufert. Denn während ich bislang der Meinung war, dass ein Spielberg-Film per se nicht belanglos geraten kann, hat mich Indy 4 schmerzhaft eines Besseren belehrt. Statt bahnbrechenden Ideen oder wenigstens die Rückkehr zum geliebten Charme der 80er Jahre bietet der Altmeister vor allem zwei Dinge: Wiedergekäute Standardkost, die mittlerweile jeder frisch gebackene Jungregisseur besser hinbekommt und jede Menge schlecht animierter Erdhörnchen.

Die Akzente, die Spielberg in früheren Werken setzen konnte, fehlen völlig. Vielmehr hat man hier den Eindruck, als wollte der Regisseur schnellstmöglich das Thema Indiana Jones abhaken und bloß nie wieder darauf angesprochen werden.

Vom Problemrentner zum Retter

Aber da gibt es auch Lichtblicke im großen Becken des kollektiven Gesichterziehens. Es darf als ausgesprochen kurios gelten, dass ausgerechnet der Part, den ich im Vorfeld als Problemkind des Films eingestuft hätte, den besten Eindruck hinterlässt und den Film über weite Strecken vor der völligen Belanglosigkeit rettet. Der Name des Rettungsankers: Harrison Ford.

Versteht mich da bitte nicht falsch, ich persönlich liebe Harrison Ford; er ist mit Abstand mein Lieblingsschauspieler. Aber: Der Gute ist schon deutlich über 60, hat also gerade was Actionauftritte vom Schlage eines Indiana Jones angeht seinen Zenit schon lange überschritten. Welche Erwartungen durfte man also von einem Indy in einer derartigen Verfassung schüren? Sicherlich geringe, wenn nicht sogar überhaupt keine.

Umso erfreulicher wirkt dann natürlich die Tatsache, dass sich Herr Ford topfit und mit beinahe altem Elan auf die Suche nach dem Kristallschädel begibt -- von Ermüdungserscheinungen finden sich selbst in den eingestreuten Nahkampfszenen keine Spur, auch wenn es hier nicht selten den Anschein macht, als hätte sich der Protagonist ganz gerne mal doubeln lassen.

Mit Schirm, Charme und Fedora

Wichtiger ist jedoch, dass Ford in der Rolle des Henry Jones Jr. wenigstens den alten Charme und Humor bewahrt hat, den die Figur auch schon in den vorherigen Teilen ausmachte. Nebendarsteller Shia LeBouf (bekannt aus Transformers und Disturbia), der schon aus Drehbuchgründen in dem Film eine recht deplatzierte Rolle zugeschustert bekommen hat, wirkt dagegen, wie übrigens auch die restliche Besetzung, mehr als Blass. Thank God, dass George Lucas wenigstens gegen Ende des Films einen Klischee-Fettnapf aufgelassen hat: In einer der letzten Einstellungen greift der Jungspund nach Indys Fedora. Doch aufsetzen und Generationswechsel einleiten (siehe Prolog “Indiana Jones und der letzte Kreuzzug”) ist nicht: Ein Griff von Mr. Ford und weg ist der Hut. Da pustet das Publikum vor Erleichterung langsam aus.

Atomschutzkeller Marke Kühlschrank

Bewegt sich der Fokus jedoch weg vom Hauptakteur hin zur Story, treten eklatante Schwächen zu Tage. Das beginnt mit völlig hahnebüchenden Nebenschauplätzen wie dieser Szene: Indy trifft mitten in der Wüste Nevadas auf eine amerikanische Kleinstadt, die zu Testzwecken just in diesem Moment von einem Atombombentest in Staub und Asche gelegt werden soll, in dem Indy die Stadt betritt (welch Zufall!). Zur Rettung gibt’s natürlich nur eine Möglichkeit: Einen Kühlschrank ausräumen und sich darin verstecken. Nachdem es den Abenteuer-Archäologen dann gut 20 km durch die Luft schleudert und es nach Einsetzen der Anziehungskraft gefühlte 100 Aufschläge auf dem harten Wüstenboden gibt, entsteigt Mr. Ford fast unbeeinträchtigt seinem Frischhalte-Gefährt und setzt seinen Weg weiter Richtung Hauptstory zu. Sinn und Relevanz der Szene entspricht dem Wert 0,0.

Da ist es dann auch nicht weiter verwunderlich, dass sich Indianas vermeintlicher Sohn wenig später im Tarzan-Stil mittels Lianen durch den südamerikanischen Dschungel hangelt und dabei mindestens genauso schnell vorankommt wie die Jeeps, die sich parallel dazu eine der typischen Indy-Verfolgungsjagden liefern.

Begegnung der unheimlichen Art

Einen bitteren Beigeschmack hinterlässt dagegen trotz aller bereits erduldeten Ungereimtheiten (man hoffte wohl, dass der Zuschauer irgendwann abstumpft) das Ende der Streifens. Es müssen nach Bundeslade und Gral ja nicht immer religiöse Themen sein, hinter denen Indiana Jones herjagt, aber was um Gottes Namen haben Area 51 Eierkopf-Aliens und fliegende Unterassen in einem klassischen Abenteuerfilm zu suchen?

Fazit

Und so kann ich dem neuesten und vorerst auch letzten Indy-Streifen letztlich nur wenig gutes abgewinnen. Harrison Ford als Indiana Jones ist ohne Zweifel auf der Haben-Seite des Films zu verbuchen, aber Drehbuch, Nebenprotagonisten und Regieleistung lassen dermaßen den Flair der alten Teile vermissen, dass man sich beinahe wünscht, Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels wäre niemals in Produktion gegangen. Wer hingegen nicht den alten Teilen nachhängt und einfach nur eine kurzweilige Popkorn-Unterhaltung sucht, hat vielleicht sogar seinen Spaß mit dieser Lucas/Spielberg Co-Produktion.

Eine persönliche Erfahrung hat mir das Ganze allerdings eingebracht : Selbst wenn man nichts erwartet, kann man enttäuscht werden. Wer hätte das gedacht?
 

2 responses to "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels: Die Filmkritik"

  1. Tjaja.. ich sagte es ja schon bei deiner Rambo Bewertung oder war’s die Vorankündigung?

    Ich hab den verdacht die packen jetzt alle Action-Helden der 80er, die jetzt im Rentenalter und kurz vor der Arthritis voll Immobilität stehen, noch mal in ein Remake um mit dem Namen noch mal Kasse zu machen. In 3-4 Jahren geht das vermutlich nimmer weil sich dann die Action-Alzheimer das Drehbuch nicht mehr merken können, und ein Rocky im Boxring mit Inkontinenz-Fleck in der Boxershorts vermutlich nicht gut aussieht.

    Ich warte ja noch immer auf die Ankündigung eines neuen Raumschiff Enterprise Films mit William Shattner als Cpt. James T. Kirk und mit Pille, Spock und Schrotti.

    Kirk:"Pille ich kann mich nicht bewegen, mein Rheuma bringt mich um. Gib mir mal bitte meine Tabletten"

    Pille:"Sorry die hab ich alle selber geschluckt - Eigenbedarf!"

    Kirk:"Scoti, beam mich mal aufs Klo, ich kann mich nicht bewegen, wegen dem Rheuma und Pille hat die Tabletten alle selber geschluckt"

    Scoti:-tiefen einziehn der Luft, gefolgt von einem fürchterlichen Husten- "das kann..." -HUST-"... etwas dauern Captain, du weist du ich hab Atritis in den Fingern und kann die Schalter nichtmehr so gut bedienen, und die Anzeigen kann ich auch nimmer so gut lesen"

    Kirk:"Scoti mach hinne, ... Spock bitte sofort ein Kraftfeld um meine Blase etablieren, mindestens Stufe 7"

    Spock:"Wer sind sie? Und ist das logisch? Wenn es logisch wäre, würde ich es dann tun? Was aber wenn es nicht logisch ist, was ist überhaupt logisch..." - kurze geistige Ausfallzeit (Pause) - " Hallo, mein ist Spock, ich komme von Vu... Va... Vi... ach von so nem Erdhügel mit nem Loch in der Mitte. Und wer sind Sie wenn ich fragen darf?"

    Kirk:"NOTFALL, ALARMSTUFE ROT! ALLE AUF GEfe... ach vergesst es, Scoti beam mir bitte frische Hosen an, und ja du kannst dir Zeit lassen, ist eh gerade so schön warm."

    ...


    Rippi
    -Hüter des Kühlschranks-
    (Und ja der ist auch Atombombensicher)

  2. Dein Kühlschrank mag atombomensicher sein, aber Rippi-sicher ist er mit SICHERheit nicht *g*