So ein Spieleabend um die Weihnachtszeit ist doch was schönes: Da gesellt man sich zu fünft um einen großen Tisch, plaudert gemütlich bei Getränk und Gebäck über alte Zeiten und beschäftigt sich im Bestfall mit einem Brettspiel, das auf den Namen Der Eiserne Thron hört. Anbei ein Bericht über die Geschehnisse zum Lied von Eis und Feuer Brettspiel und ein Fazit über das Spiel.Das Lied von Eis und Feuer (oder zu Englisch:
The Song of Ice and Fire) gehört zu den erfolgreichsten und besten Fantasy-Reihen der letzten Jahre. Wer
George R. R. Martins Schmöker verschlungen hat, wird sich daher mit Sicherheit über die Brettspiel-Adaption
Der Eiserne Thron freuen, die sich ganz eng an die große Vorlage hält. Glückliche Fügung sorgte dafür, dass
Fantasy Flight Games die Lizenz in die Hände bekam und wer diese Spieleschmiede kennt, weiß: Das bedeutet hochwertiges Spielmaterial in üppiger Auslage.
Üppige Aufmachung
Und so besticht das Spiel auch schon beim ersten Hingucker mit einem schön illustrierten und stabilen Spielbrett, das ausgeklappt den gesamten Kontinent
Westeros umfasst und damit eine nicht zu unterschätzende Gesamtgröße auf dem heimischen Wohnzimmertisch einnimmt. Für Fans nicht minder interessant sind außerdem die so genannten Hauskarten. Hierbei handelt es sich um 7 Spezialkarten pro Partei, die in Kampfsituationen ausgeführt werden und jeweils das Konterfei eines wichtigen Protagonisten der Fantasy-Serie führen -- etwa
Tyrion oder
Jaime Lanninster im Kartenstapel des Hauses
Lannister. Wem nun beim Klang dieser Namen ein wohliger Schauer über den Rücken gleitet, der darf erfreut sein: Das Spiel hält sich eng an die Buchvorlage und punktet mit bekannten Schauplätzen (etwa
Winterfell,
King’s Landing oder
Sunspear) und einer Rahmenhandlung, die aus den Büchern entnommen wurde.
Spieltechnisch gesehen bedient sich
Der Eiserne Thron im Wesentlichen an den Spielen
Risiko und
Diplomacy, wobei hinzugefügt werden muss, dass der Risiko-Anteil (also die Eroberung von Länderreien) in einer ganz anderen Form realisiert wurde. Würfel fallen beispielsweise komplett weg und wurden durch Befehlsmarker ersetzt, die die Schlachten sehr viel taktischer und mit deutlich weniger Glücksmoment in Szene setzen. Überhaupt setzt das Spielprinzip viel Planung und auch eine gehörige Portion Intuition voraus, denn jeder Spieler setzt seine Marker gleichzeitig und verdeckt. Das bedeutet, nur wer in etwa vorahnen kann, was die unmittelbaren Nachbarn im feindlichen Gebiet vorhaben (könnten), hat Aussicht auf Erfolg.
10 Runden bis zum SiegDas Spielziel indes ist wiederrum recht simpel: Wer nach 10 Runden mit dem Haus seiner Wahl (
Lanninster, Stark, Greyjoy, Baratheon, Tyrell -- es folgt abermals Gänsehautfeeling bei Liebhabern der Serie) die meisten Ländereien mit Städte oder Festungen in seinen Besitz gebracht hat, wird zum Sieger erklärt. Über Symbole auf dem Spielplan wird dabei festgelegt, welche Länderei zu welchen Vorteilen verhilft. So geben etwa Gebiete mit einem aufgedruckten Holzfass so genannte Versorgungspunkte, die notwendig sind, um die Maximalgröße der eigenen Armee zu erweitern; befinden sich nur wenige solcher Faßsymbole auf eigenem Terrain, ist es beispielsweise nicht möglich, die Karte mit großen Armeen zu dominieren. Das Rekrutieren oder Aufwerten der Armeen übernehmen hingegen Gebiete mit Stadt- und Festungssymbolen.
Gesteuert werden diese Aktionen über einen Mix aus Rangordnungen und dem einzigen echten Zufallselement des Spiels: Dem Ziehen von Karten. Diese Karten steuern beispielsweise, wann eine Rekrutierungsphase ansteht und geben mit Zufallsereignissen einen leicht willkürlichen, aber erfrischenden Touch in das Spiel. Ebenfalls erfrischend wirken die drei Einflussbereiche, um die sich alle Häuser im gesamten Spielverlauf streiten: Der Eisenthron-Pfad, der Hofintrigen-Pfad und der Pfad der Adelshäuser. Für jeder dieser Bereiche gibt es eine Rangfolge, die sich grundlegend auf das Spielgeschehen auswirkt. Eine höhere Stufe im Eisenthron ist etwa essentiell dafür, dass Züge früher ausgeführt werden können als bei der dahinterliegenden Konkurrenz und ein hoher Rang im Adelshäuser-Weg sorgt dafür, dass Kämpfe, die unentschieden ausgehen, immer zugunsten desjenigen entschieden werden, der die höhere Rangfolge inne hat.
Die Schlachten selbst errechnen sich durch die Kampfstärke der Armee (dargestellt durch unspektakuläre Holzfiguren) und dem Hinzurechnen diverser Modifikatoren mittel bereits erwähnter Marker, die entweder Boni auf Angriffe oder Abwehrmaßnahmen geben oder gar dafür sorgen, dass eigene oder verbündete Armeen aus angrenzenden Gebieten mit ins Kampfgetümmel gezogen werden. Gegen Ende eines Kampfes kommen dann noch die jeweiligen Hauskarten ins Spiel, die nicht nur den Ausgang der Schlacht beeinflussen, sondern auch zur Verrechnung der Verluste herangezogen werden.
Easy to learn, hard to master!Das Bemerkenswerte an
Der Eiserne Thron ist, dass das Spiel über genügend intelligentes Regelwerk verfügt, um einen stets interessanten Spielverlauf zu gewährleisten und die Teilnehmer trotzdem nicht mit undurchsichtigen oder hochkomplexen Regeln überfrachtet. Freilich bleibt trotzdem noch eine starke taktische Komponente übrig, die von jedem Spieler einiges abfordert, aber gerade deshalb auf der goldenen Regel
easy to learn, hard to master, beruht.
Dies mussten auch die Teilnehmer unserer eingangs erwähnten 5-Spieler-Partie am eigenem Leib feststellen, denn während die grundlegende Basis der Regeln schnell verinnerlicht war, sorgten die sich daraus ergebenden taktischen Möglichkeiten für rauchende Köpfe. Schnell ließ sich auch feststellen, wo sich die Draufgänger der Runde befanden und wer das Spiel lieber mit einem gemütlichen Besiedlungslenz über die Runden bringen wollte. So attackierte mich mein Onkel bereits in der ersten Runde und sorgte dafür, dass der komplette Süden im weiteren Spielverlauf einem einzigen Schlachtfeld glich (ich lass mir ja nix gefallen!), während um Winterfell herum, also im nördlichen Teil der Karte, dessen Freundin Birgit im Namen des Hauses Stark gemütlich einen neutralen Landstrich nach dem anderen besiedelte und so dem ausgefuchsten Andreas genug Rückendeckung bot, um meiner Freundin (= Lannister) im Namen des Hauses Greyjoy ein ums andere Mal heftig an den Karren zu fahren.
"Die gelbe Gefahr"Dummerweise waren meine Feldzügen im Verlauf der Partie erfolgreicher als sie vielleicht hätten sein sollen. Jedenfalls sorgte der große Anteil an gelben Baratheon-Ländereien auf dem Spielplan wohl für den Eindruck, dass ich ein klein wenig zu sehr in Richtung Sieg tendierte und das brachte mir letztlich die gebündelte Feindschaft der restlichen Protagonisten ein. Birgit etwa, die die ganze Zeit gemütlich Stärkemarken gesammelt und nicht eine einzige Schlacht bestritten hatte, nutzte diese Marken geschickt, um mich auf allen drei Einflusspfaden in die letzte Position zu drängen. Derart geschwächt wähnte mein Onkel ebenfalls seine Chance und zog mit der gebündelten Macht aus Highgraden (grüne Tyrell-Einheiten) gegen meine Armeen. Glücklicherweise hatte ich bereits meine Flotte gut in Stellung gebracht und verfügte somit sowohl über eine angenehme Reichweite, die mir blitzschnelle Einfälle in weit entfernte Tyrell-Gebiete erlaubte, als auch über eine effektive Marine-Unterstützung, die mir dazu verhalf, so manchen vermeintlich sicheren Untergang in einen Sieg zu verwandeln.
Leider hatte zu diesem Zeitpunkt keiner meiner werten Mitspieler erkannt, dass nicht ich die Gefahr darstellte. Greyjoy-Andreas stand mit seiner schwarz-gefärbten Streitmacht nämlich kurz davor, die Partie für sich zu entscheiden. Deshalb blieb mir dann auch gar nichts anderes übrig, als meine Armeen zu splitten: Ein Kontingent im Süden gegen Onkel Tyrell. Ein Kontingent im Norden gegen Greyjoy. Ein Zweifronten-Krieg also und das, soviel verrät einem schon die Geschichte der Menschheit, ist nur höchst selten mit Erfolg gekrönt. Und so kam es wie es letztlich kommen musste: Obwohl meine Freundin irgendwann erkannte, dass ein Bündnis gegen das "Kraken-Haus" Greyjoy vielleicht eine gute Methode wäre, um Andreas am Sieg zu hindern, war die letzte Runde erreicht und das Spiel damit für Greyjoy entschieden. Nach ca. 3 1/2 Stunden inklusive Erklärung wurde das Spiel für beendet erklärt und ein interessanter Abend näherte sich dem Ausklang.
Fazit
Was gibt es abschließend über
Der Eiserne Thron zu sagen? Positiv sind auf jeden Fall die Möglichkeiten, die das Spiel auf taktischer Ebene bietet. Durch die Marker und die Einflusspfade gestaltet sich schon das Geplänkel vor der eigentlichen Schlacht sehr viel interessanter als bei vergleichbaren Spielen. Hier gilt es ständig abzuwägen, wie sich der Gegner verhalten könnte: Setzt er zum Angriff an oder verteidigt er sich vielleicht mit besonders starken Spezialmarkern? Zieht er vielleicht Unterstützungskräfte heran und wie verhalten sich die anderen Mitspieler, die unmittelbar angrenzen? Welche Hauskarten kann er noch einsetzen, wenn es zur Schlacht kommt und mit welchen Karten könnte ich kontern? All diese Fragen beschäftigen einen während der ganzen Spielsession und tragen dazu bei, dass Schnellschüsse eher selten der Fall sind. Das Ganze hat allerdings auch einen Nachteil: Spielt man hauptsächlich mit sehr vorsichtigen Spielern, passiert im Laufe des 10 Spielrunden recht wenig auf dem Brett: Jeder verteidigt oder greift zaghaft nach unbesetzten Gebieten, nur richtig Schwung kommt dadurch nicht in die Sache.
Dafür ist auf dem ersten Blick ersichtlich, dass sich
Fantasy Flight Games mit den Komponenten und Illustrationen sehr viel Mühe gegeben hat. Bis auf die etwas primitiv wirkenden Holzeinheiten kann das Spiel durchweg als sehr hochwertig bezeichnet werden (was sich allerdings auch ein wenig im Preis wiedergespiegelt). Kenner der Buchrreihe kommen vor allem durch die vielen Bezüge auf die Vorlage ins Schwärmen und werden sich sicherlich mit Genuss im Namen des Hauses Baratheon oder Stark in den Krieg um den
Eisernen Thron ziehen.
Wer es noch ein wenig komplexer haben möchte, kann übrigens die inzwischen auf Deutsch erhältliche Erweiterung
Der Eiserne Thron: Thronkriege in Erwägung ziehen. Hierbei wird das Spiel mit dem dornischen Haus
Martell um eine sechste Partei erweitert und durch Brettauflagen für 6 Spieler erweitert. Außerdem enthält das Paket jede Menge Zusatzregeln rund um Befestigungen, Häfen und Belagerungseinheiten, die beliebig kombinierbar sind.