Avatar

Wenn James Cameron zum Großangriff auf die Krone der teuersten Filmproduktion aller Zeiten bläst, horcht die gesamte Branche verschreckt auf -- hält doch der passionierte Tiefseetaucher mit seiner Epic-Schnulze Titanic den Rekord zum erfolgreichsten Film aller Zeiten.

Avatar, ein Werk, das laut Cameron schon seit Jahren in dessen Gehirnwindungen schlummerte, soll dieses Kunststück nicht nur wiederholen, sondern am Besten auch gleich übertreffen -- ein Anspruch, zu dem der Film mit seinen mehreren hundert Millionen Dollar Produktionskosten beinahe verdammt ist. Erfolg ist für Avatar mehr Pflicht, denn Kür.

Der Grund für die horrenden Summen, die das Projekt verschlungen hat, wird bereits in den ersten 20 Minuten ersichtlich: Camerons bildgewaltiges Dschungelparadies ist ein Naturporno, der dem Zuschauer selbst im klassischen 2D-Kino schier die Kinnlade nach unten schnellen und Speichelfäden die Mundwinkel entlang rinnen lässt. Möglich gemacht durch modernste (und teuerste!) Computertechnik stellt Avatar den nächsten Schritt hin zum animierten Schauspieler dar, der selbst die Legende von Beowulf, die Ende 2007 für beindruckte Gesichter sorgte, übertrifft.

Doch wo viel Licht, da meist Schatten. Und so darf man es als Crux der Film-, wie auch der Computerspielbranche bezeichnen, dass überwältigende Optik alleine noch kein Meisterwerk schafft.

Kein Geld für das Drehbuch

Camerons Drehbuch ist, wie Heise so treffend ausführt, nichts weiter als eine modernere Pocahontas-Variante: Technisch überlegene Kultur trifft auf naturverbundene Einheimische, die unwissend auf einem Rohstoff sitzen, der in der Welt der Invasoren aberwitzig wertvoll ist -- ähnliches dürfte man auch über die Spanier gesagt haben, die im 16. Jahrhundert ganze Goldschiffsladungen gen Heimat schickten. Dass die einheimischen Stämme den unvermeidlichen Krieg nicht gewinnen können, wird spätestens nach der ersten Schlacht klar -- gäbe es da nicht den einen, herzensguten Fremden, der sich aus lauter Liebe zu einer einheimischen Maid gegen das eigene Volk stellt.

Wer nun glaubt, damit wäre die Avatar-Story nur grob umrissen, der irrt! Die Handlung gibt sich so vorhersehbar wie die kommende Klimakatastrophe und die Charaktere so flach wie der Vorbau der Na'vi-Weibchen. Avatar hält für den Zuschauer leider nicht einen einzigen Brocken bereit, der der Geschichte eine überraschende Wendung verleiht. Böse Zungen würden vielleicht behaupten, dass man auch kaum etwas von einem Film erwarten kann, dessen Budget allein in die Technik fließt und das Drehbuch dabei vernachlässigt. Ich hingegen würde den Streifen eher als Experiment bezeichnen, so wie seinerzeit Final Fantasy: The Spirit Withins, der auch die Grenzen des Machbaren auslotete, ohne sich dabei für die Rahmenhandlung zu schämen.

Letztlich ist Avatar ein brauchbares Stück digitale Produktion geworden, die hauptsächlich durch die Optik zu beindrucken weiß und dank der Verquickung zwischen Romanze und Natur am ehesten bei den weiblichen Zuschauern zur Endorphin-Freigabe beiträgt. Lässt man den visuellen Zauber außen vor, entpuppt sich eine recht graue, pardon, blau-grüne Maus, die mit 161 Minuten Spielfilmlänge eindeutig zu groß dimensioniert ist.

16 responses to "Filmkritik: James Camerons Avatar (Rezension)"

  1. Endorphine? Ja das stimmt, die wurden bei mir als Frau tatsächlich freigesetzt. Ich fand den Film toll, ja ich geb ja zu, etwas langwierig war er dann doch schon... Aber toll, eine fazinierende Welt, richtig klasse.

  2. "der Geschichte eine überraschende Wendung verleiht"
    Nun mir scheint das JC auf solche Filme ein Patent hat, nur hat das bei seinem letzten großen Wurf (Titanic) keinen gestört - keinen? doch ein kleiner Rippi hat sich bis heute erfolgreich geweigert diesen Film anzuschauen.
    Oder wer hat ernsthaft geglaubt, das die Titanic dieses mal nicht absäuft?

    (Ich hätte auch schon eine Idee für ein Titanic Teil 2, Leonardo erwacht schweis gebadet und stellt fest, er hat alles nur geträumt. Um das Unglück zu verhindern kapert er ein altes Handelsschiff und setzt dieses in einem selbstaufopfernden Akt vor den Eisberg, blub Schiff geht unter - teatralische musik lalala -. Leider alles umsonst, denn die Titanic liegt nach wie vor im Hafen - Maschinenschaden.)

    Aber das mit den teuren Filmen die gerne floppen hatte auch schon Kevin Costner mit Waterworld erleben dürfen, der Streifen hatte auch mal ne Zeitlang den Titel "Teuerster Film aller Zeiten". Und selbst Hobbytaucher, Meerwasser-Aquaristiker und blau macht glücklich Fanatiker finden den Film nicht wirklich prikelnd.

    Und WTF ist ein Naturporno? Die klassisch kurz übersetzte Nachdenke kann es nicht sein, da der Film schon für unter 18 Jährige frei gegeben ist. Fazit: wenn ich (sollte ich nach der Rezesion überhaupt) in den Film gehen, dann werde ich mich wohl bei meinen Sitznachbarn links und rechts erkundigen ob sich Vegetarier darunter befinden und dem entsprechend die Plätze wählen...


    In diesem Sinne.
    Rippi

    und ein glückliches 2010

  3. Dass die Titanic absäuft ist ja auch nicht Kern von Titanic, sondern mehr wie die darin enthaltene Romanze verläuft ;)

    Und Waterworld fand ich eigentlich ganz dufte, besser jedenfalls als Avatar!

    Und zum Naturporno: Wärest du jemand, der sich an Naturbildern aufgeilen könnte, wäre Avatar der ultiamtive Porno für dich ;)

  4. Dass die Titanic absäuft ist ja auch nicht Kern von Titanic, sondern mehr wie die darin enthaltene Romanze verläuft

    Aha, bin ich froh das ich darüber keine Interpretation in der Schule schreiben musste, wäre bestimmt sowas wie: "wer sich verliebt geht baden" raus gekommen...

  5. Waterworld "dufte"...
    Besser als Avatar?
    Sehr schön... blöd.
    Wie auch der Rest Deiner glücklicherweise unmaßgeblichen
    Meinung.
    Aber ein wenig von Filmen verstehen sollte man schon, zumindest wenn man den Aufwand betreibt, darüber zu schreiben.

  6. Woran erkennt man einen Fanboy?

    a) Er wird beleidigend
    b) Fühlt sich persönlich angegriffen durch eine simple Rezension
    c) Bringt keine plausiblen Gegenargumente

    Ach ja... und fast vergessen: Versteckt sich hinter der Anonymität des Internets ;)

  7. Ich verstecke mich nicht... Yitu hier :)

    Ich habe den Film genossen. Aber nur auf optischer Ebene. Habe von der Story aber nicht mehr erwartet als ich bekommen habe.

    Was auffällt, wie in der c´t zu lesen, ist die technische Meisterleistung des guten 3Ds. Keine zu schnellen Schwenks usw. so das die Zuschauer 162 min lang 3D erleben durfen - und keine Kopfschmerzen.

    Der Film ist wie ein Quake-Shooter. Eine technische Referenz was man da rausholen kann.

    WETA aus Neuseeland (die SF-Firma vom Herrn der Ringe) hat da gute Arbeit geleistet. :)

    Viele Grüße aus Essen an den frisch VERLINKTEN Sothi,

    Yitu

  8. Mir hat Avatar supergut gefallen! Story war klar, da konnte man nicht viel erwarten, aber das gut umgesetzt (und ich mag solche Geschichten *smile*). Und ich gebe zu: Übers Happy-End war ich sehr überrascht, da nicht damit gerechnet. *g*

    Zum 3D. War der erste 3D-Film seit bestimmt über 10 Jahren und es hat mich doch vom Hocker gehauen, wie sich das inzwischen weiterentwickelt hat. Wow, einfach wow!!! Will nochmal rein!!!

  9. Woran erkennt man einen Internet-Nerd?
    a) er betreibt einen blog
    b) beweist wenig Sachverstand, zumindest bei den Themen, über die er schreibt
    c) unterstellt anderen sich ebenso schnell beleidigt zu fühlen, wie er selbst
    d) fordert plausible Gegenargumente auf etwas, was außer hohler Luft nichts zu bieten hat
    e) unterstellt anderen seine eigene verquere Weltsicht und meint eine "Fanboy"-Titulierung wäre total fies
    f) findet völlig missratene Filme (Beispiel Waterworld) gut und meint cool zu sein, indem er versucht, Kritik an einem zukünftigen Klassiker zu üben
    g) er nennt sich Sothi
    h) er meint, sich Sothi zu nennen und einen blog zu betreiben sei etwas anderes, als anonym zu sein

    Anonyme Grüße
    Fanboy

  10. LOOOOOL

    SOTHI DU NERD :)

    Nee jetzt mal im ernst. sowas muss ja nun hier nicht eskalieren...
    Irgendwie ist das doch alles Geschmackssache mit den Filmen. Mir gefiel Avatar schon ganz gut, als nettes Popcorn Kino. Ob ich ihn auch gut gefanden hätte wenn ich ihn zuhause ohne 3D geguckt hätte, weiss ich nicht.
    Man hat ja mittlerweile schon viel gesehen und hat daher nun auch ganz andere Ansprüche an Filmen.
    Aber eine Sache ist mir aufgefallen. Wenn man zu kritisch ist, gefällt einem in der heutigen Zeit fast gar kein Film mehr :)

  11. "Lässt man den visuellen Zauber außen vor, entpuppt sich eine recht graue, pardon, blau-grüne Maus, die mit 161 Minuten Spielfilmlänge eindeutig zu groß dimensioniert ist."

    Avatar lebt vor allem von seiner Technik, den Aufnahmen von tollen Landschaften, Farben und Effekten.
    Die Story ist nichts besonderes, aber nett erzählt.
    Naja... BBCs Reihe "Planet Erde", hat gar keine Story. Das macht die tollen Aufnahmen aber nicht schlechter.

    Davon mal abgesehen, hat JC es in Avatar geschafft, 3D ohne Holzhammermethode einzubauen. Das 3D ist immer subtil, wirkt nie gezwungen, wie es in den 3D Kinos in Freizeitparkt gerne gemacht wird. Es ist einfach da. Und das macht es für mich sehr gut.

  12. Ich glaube Cameron hat in letzter Zeit einfach zu viele Dokumentationsfilme produziert -- die letzten 2-3 Projekte drehten sich immer um (sub-)marine Themen -- und dabei vergessen, dass ein Spielfilm aus mehr als nur schönen Bildern besteht. Da passt der Vergleich mit "Planet Erde" tatsächlich ganz gut.

  13. Och, das Blog war bisher immer so schön trollfrei. Fanboy verzieh dich bitte in das Loch zurück, aus dem du herausgekommen bist, ja?

  14. Ich muss Sothi 100% unterstützen!

    Wie schade ist es wenn man 300 Mio Dollar ausgibt um einen Film nach über zehn Jahren Vorbereitung zu produzieren, und sich dann nicht mal zwei drei Wochen (vielleicht würden Tage reichen) mit ein paar cleveren Leuten zusammensetzt um eine etwas tiefgehendere Story und ein bischen interessantere Charaktere zu schaffen?

    Wenn es nötig ist, die Gedanken des Hauptdarstellers als Off-Kommentar immer wieder zusammenhanglos einzustreuen und diese nicht aus Dialogen oder ähnlichen Stilmitteln hervorgehen zu lassen, sagt das schon alles: Notlösung, kein Interesse an einer Story.

    Schade.

    PS: In so einem Blog geht es wohl immer nur um die "unmaßgebliche" Meinung von Einzelnen, wen diese nicht interessiert sollte wohl sowas nicht lesen.

  15. Ich wage zu behaupten das das Konzept einer Planetenumspannenden Intelligenz so noch nicht verfilmt wurde. Klar als alter Science Fiction Hase (vor allem wenn man Perry Rhodan Veteran ist) nichts Neues, aber ich bin gespannt darauf was sich daraus noch entwickeln wird. :)

  16. So, ist zwar etwas spät das Kommentar hierzu, aber ich durfte mich gestern an Avatar ergötzen und kann nun endlich auch meinen Senf dazu geben.
    Wo fange ich denn am Besten an, mal mit dem Positiven.
    3D. Was mit extrem überrascht hat, das 3D ist überhaupt nicht aufdringlich oder penetrant. Der Film wurde nicht in 3D gepresst, sondern eher das 3D sanft in den Film gebettet. Bisherige 3D Filme waren aus meiner Erfahrung immer extremst auf das 3D fixiert, kaum eine Sekunde in der nicht irgend etwas aus der Leinwand auf dich zugeworfen oder geschossen wurde. Ganz anders in Avatar, hier ist das 3D einfach da, ohne das im Film mit quitschbunten Dingen darauf hingewiesen wird.
    Was ich aber noch beeindruckender fand waren die Animationen, hier läßt Avatar meine bisherigen Spritzenreiter wie Beowulf oder Final Fantasy meilenweit hinter sich.
    Kommen wir nun zur Kehrseite, der Story, die ist so flach und vorhersehbar wie das Experiment: „Stein in der Hand und los lassen“ . Ein bekannter hat es relativ gut getroffen:“die ist halt da um einen Grund für das 3D und die Animation zu haben“ – mehr ist das wirklich nicht. Mir kam es vor wie eine Mischung aus „Pocahontas“ und „der mit dem Wolf tanzt“. Und falls wer meint das es ja quasi eine erste Projektion des Themas in SiFi wäre – nein, die Thematik wurde in Star Trek auch schon verwurstet. Achtung Spoiler: „Ureinwohner sitzen auf Resourcen/Land, Invasoren wollen das aus Gier haben und die Einwohner vertreiben/niedermetzeln. Ein Invasor verknallt sich in Ureinwohnerin und wechselt die Seiten...“

    @ Shanni, das Konzept der Planetenumspannenden Intelligenz (wie auch die Art und Weise der Ureinwohner) in Avatar ist stark an das Buch „die denkenden Wälder“ von Alan D. Foster angelehnt. Aber stimmt, verfilmt hab ich das so noch nicht gesehen.

    Fazit:
    Wer sich überlegt in den Film zu gehen sollte eine von 2 Voraussetzungen erfüllen:
    - Entweder er geht in den Film um der Technik willens, 3D & Animation.
    - ODER: Er/Sie hat auch bei J.C. letztem Film Titanic gehoft das der Kahn nicht untergeht, dann könnte die Story auch hier spannend sein.