The Bards Tale 3
Entwickler: Interplay
Publisher: Electronic Arts
Releasejahr: 1988
System(e): C64, Apple II, DOS (90), Amiga (91)
Thief of Fate als Brian Fargos Stiefkind zu bezeichnen, wäre wahrscheinlich ziemlich passend: Nach den internen Querelen, die mit The Bard’s Tale 2 einhergingen, wollte der Interplay-Chef von einem dritten Teil wenig wissen und konzentrierte sich auf die Entwicklung eines für ihn weitaus interessanteren Projektes, das auf den Namen Wasteland getauft wurde.

Darf man demnach der Historie glauben, ist es der Hartnäckigkeit des Bard’s Tale Co-Programmierers Bill Heinemann (der später zur Rebecca wurde) zu verdanken, dass der dritte Teil dennoch in Produktion ging -- jedoch nicht unter idealen Voraussetzungen: Während Wasteland mit einem gut ausgestatten Team von rund fünfzehn Entwicklern ans Werk ging, war Heinemann mit ihrer vierköpfigen Truppe nahezu auf sich allein gestellt. Nicht mehr dabei war übrigens Michael Cranford, der bei Fargo in Ungnade gefallen und in Heinemanns Gunst irgendwo auf der Niemanslandsland-Skala zu finden war. Interessant: Nicht mal in den Danksagungen verschwendete Heinemann ein Wort an Serienerfinder Cranford -- das spricht Bände.

Thief of Fate, das ähnlich wie die vorherigen Teile in der ursprünglichen Planungsphase Tales of the Unknown: The Thieves Tale heißen sollte, war dann auch weder technisch, noch vom grundlegenden Gameplay her ein deutlicher Schritt nach vorne: Zwar schrieb Heinemann laut eigenen Angaben den kompletten Code neu (da der cranfordsche Code zu schlecht gewesen sei), dem Spiel selbst merkt man dies allerdings nur an wenigen Stellen an -- etwa bei den optimierten Ladezeiten.

Rückkehr nach Skara Brae

Zur Vorgeschichte, die im Grunde direkt an The Bard’s Tale 1 anknüpft: Kaum wurde Mangar aus vertrieben, schiebt sich schon die nächste Gewitterwolke über Skara Brae: Tarjan, der verrückte Gott (Bard’s Tale 1-Veteranen erinnern sich), ist darüber erzürnt, dass mit Mangar einer seiner Jünger vernichtet wurde und überfällt Skara Brae noch am Tag der großen Feier mit seinen Horden der Finsternis. Übrig bleiben Tod und Verwüstung, selbst altgediente Recken wie Garth werden von den Trümmern auf Nimmerwiedersehen verschüttet.

Unser Abenteuer beginnt in einem Flüchtlingscamp vor den Ruinen von Skara Brae. Die Stadt ist weitgehend als eine Art Bootcamp für Spieler gedacht, die ihre Charaktere nicht aus dem Vorgänger übernommen haben. Wer das Anfängerdungeon abschließt, wird direkt auf Level 35 katapultiert und beginnt das eigentliche Spiel: Bis wir Tarjan besiegt haben, besuchen wir sieben Parallelwelten, um die für den Sieg notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Nachteil des ganzen Prozedur: Es warten zwar jede Menge Kämpfe auf uns, doch die daraus resultierenden Levelaufstiege wirken sich kaum noch auf die Fähigkeiten und Zauberspruchvielfalt aus -- die befinden sich da nämlich schon weitgehend in unserem Besitz.

Höher, schneller, weiter

Spielerisch haben wir es wieder mit einem waschechten Hack&Slay-Titel der alten Bard’s Tale-Schule zu tun: Erneut bugsieren wir unsere Party (bestehend aus maximal sieben Protagonisten) in Egoperspektive durch mehrheitlich zufallsbasierte Kämpfe. Kommt es zu einer Begegnung, darf der Spieler auch mal die Beine in die Hand nehmen, um zu fliehen. Gelingt das nicht, wechselt das Spiel in den bekannten textbasierten Rundenkampf, der wieder solche Kleinigkeiten wie Entfernungen kennt. Neu ist, dass der namensgebende Dieb massiv aufgewertet wurde: dieser darf sich neuerdings im Kampf verstecken und aus den Schatten heraus kritische Treffer abgeben. Ungünstig: Wer das Spiel ohne Thief beginnt, kann den Titel aufgrund des Fehlens dieser Spezialfähigkeit nicht schaffen.

Aber auch an anderer Front wurde mächtig aufgestockt: Die Anzahl der wählbaren Klassen beträgt nun satte dreizehn, darunter alleine sieben Zauberklassen (neu dabei: Geomancer und Chronomancer), die mit weit über 100 Zaubersprüchen um sich werfen. Wer auf Loot steht, findet hier ebenso sein El Dorado: Über 500 Monster lassen ca. doppelt so viele Gegenstände wie noch im Vorgänger liegen -- man könnte also sagen, Heinemann hat das Bard’s Tale-Prinzip ziemlich auf die Spitze getrieben.

Komfortfunktionen halten Einzug

Es gibt aber auch einige wirkliche Neuerungen, die sich meist in Komfortfunktionen äußern: Automapping ist nun mit am Start, wenn auch keines, das besonders gut in Szene gesetzt wäre -- hier war Might and Magic II im selben Jahr bereits einen Schritt weiter. Speichern ist nun außerhalb des Wirtshauses möglich, was sich als wahrer Segen entpuppt, selbst wenn es weiterhin nur einen jämmerlichen Spielstand gibt. Zu den Neuerungen gehört auch, dass das Spiel nun über einen Tag-/Nachtwechsel verfügt, der zum Teil andere Monster hervorbringt. Was das Spiel dennoch vermissen lässt, sind tiefgründige Gespräche mit den NPCs oder erklärende Geschichte. So ist etwa bis zum Ende nicht klar, wie die ganzen Parallelwelten miteinander zusammenhängen; welche Hintergrundgeschichte sich hier verbirgt.

Eine verpasste Chance, wie ich finde. Nimmt man all dies zusammen, darf man festhalten, dass wir es hier mit einem echten Looten&Leveln-Porno zu tun haben. Heinemann entwickelte alles nach dem Prinzip: Mehr und größer. Aber wird der Titel dadurch auch besser? Nur bedingt: Thief of Fate mag faktisch das beste Bard’s Tale der Serie sein, aber 1988 wirkt das Spiel im Vergleich zu Titeln wie Pool of Radiance und dem ewigen Konkurrenten Ultima fast schon anachronistisch. Da wundert es wenig, dass es bis heute (Stand Februar 2017) noch keinen offiziellen Nachfolger gibt.

2 responses to "CRPG-Archiv: The Bard’s Tale 3 - The Thief of Fate"

  1. Sehr lesenswerter Artikel.

    Ich möchte noch hinzufügen, daß die PC-Version von Thief of Fate mit einer für damalige Verhältnisse unerhörten Bugdichte erschienen ist. Vgl. https://www.youtube.com/watch?v=s10CAAIj1Dw oder https://github.com/ChrisAubuchon/BT3-DOS-patch/commit/7bfb657d29f585cfeb1c721a7f6b2726e0b15e97
    Erst die inoffiziellen Patches von Mr. Aubuchon (2. Link) haben da Abhilfe geschaffen.

    Ein anderer Punkt, den ich anzumerken mir erlauben möchte, ist, daß, zumindest in meiner subjektiven Wahrnehmung, Bard's Tale weniger in Konkurrenz zu Pool of Radiance oder Ultima, sondern, wegen des ähnlichen Spielprinzips, eher zur Wizardry-Reihe stand. Da letztere erst mit Teil 6 im Jahre 1990 eine nennenswerte Weiterentwicklung vorzeigen konnte, stand Bard's Tale bis zu diesem Zeitpunkt etwas besser da als angenommen.

  2. Hallo Dr. Pirx,

    schön, dass du dich auf meinen Blog verirrt hast :)

    Zu deinen Anmerkungen:

    Bugs: Ein paar Dinge waren mir bekannt. Ich hatte da auch schon mal ein wenig recherchiert, zum Beispiel dass es inoffizielle Patches gibt, mit denen man die Zaubersprüche nicht mehr nur mit der Maus anklicken muss (sondern eben auch Tastaturkürzel verwenden kann). Oder andersrum: diese unselige Geschichte dass man Türen nicht durchschreiten kann, wenn man nicht mit der Maus agiert.

    Zu deinem zweiten Punkt: Ich nehme an du beziehst das unten auf meinen letzten Absatz. Ich wollte damit jetzt nicht unbedingt zum Ausdruck bringen, dass BT3 im direkter Hack&Slay-Konkurrenz zu den genannten Titeln stand, aber für sich genommen ist dieses minimalistische Spielprinzip 1988 fast schon aus der Zeit gefallen, da Pool of Radiance einen Schritt weiter geht.

    Als direkter Hack&Slay-Konkurrenz ist natürlich Wizardry 5 zu nennen, aber das ist in Sachen Präsentation und Gameplay so weit aus der Zeit gefallen, dass der bessere Vergleich der mit Might and Magic 2 aus dem selben Jahr ist, mit ähnlichem Hack&Slay Spielprinzip, aber an vielen Stellen deutlich ausgefeilter als BT3. Zu MM2 folgt hier im Blog und auf YouTube übrigens in 2-3 Tagen ein Artikel sowie Video :)